Christoph von Schmid
190 kleine Erzählungen für die Jugend
Christoph von Schmid

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89. Der Pflasterstein

Ein reicher Mann warf einen Taglöhner, mit dem er Streit angefangen hatte, im Zorn mit einem Steine. Der Arme hob den Stein auf, nahm ihn mit sich nach Hause und dachte: Vielleicht kommt eine Zeit, da ich den feindseligen Mann wieder werfen kann, ohne daß ich eine fernere Unbill von ihm zu befürchten habe. – Der Reiche ward durch Uebermut, Müßiggang und Verschwendung zum Bettler, und ging einmal, in Lumpen gekleidet, an der Hütte des Armen vorbei. – Da langte der Taglöhner den Stein hervor, um den unglücklichen Menschen zu werfen. Allein plötzlich hielt er inne und sagte: Jetzt fühle ich, daß man sich nie rächen soll. Denn so lange mein Feind reich und mächtig war, hielt ich es nicht für klug, da er aber unglücklich ist, so wäre es grausam. Er warf den Stein weg und gab dem ehemaligen reichen Manne, der sehr verhungert aussah, ein großes Stück Brot.

Ein wahrer Christ, voll Edelmut –
Auch seinen Feinden Gutes tut.


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