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Der Lärmeremit und der letzte Koloradobüffel

Im Bahnhofgelände von Denver zeigten die Hände der Mitreisenden hinaus auf einen Mast, der stand mitten in der eisernen Unrast zwischen Schienen, Kohlenlagern, Lokomotiven.
Dieser Mast sollte einem Eremiten als Aufenthalt dienen. Oben auf dem Mast war eine Plattform, darauf aus Brettern ein Kasten saß, der kaum einige Schritte maß.
In diesem Häuschen lebte ein Mann auf der Mastspitze. Eine lange Leiter führte zu seinem Eremitensitze. Um ihn lärmten unten die Eisenzüge,
Wärmten die Sonnenstrahlen die Kohlenlager und Schlackenhaufen. Und mitten in der Arbeitshitze, im Schienenleben, im Erbeben der Eisenhämmer der Fabriken
Saß beschaulich der alte Eremit, mit dem Frieden und der Ruhe vertraulich, oben auf dem Mast, der in die Rauchwolken tauchte.
Und der Alte lehnte in seinem Häuslein jahrein, jahraus, und nur daran, daß sein Tabakpfeiflein droben rauchte, wußte man, er war immer noch in seiner Einsamkeit
Mitten im Bahnhoflärm zu Haus. Wie dieser Eremit mitten im Lärmen, so lebte mein Herz hier in Amerika einsam auf Schritt und Tritt mit Härmen. –
Als ich am Sonntagnachmittag, draußen vor Denver, meinen Weg durch einen sonnenverbrannten Stadtpark nahm, kam ich über die Wiesen zu einem Gitter,
Dahinter, in engen Klausen, rannten stark und fast zahm am Gitter entlang mit Geschnüffel die letzten paar Koloradobüffel.
Der braune, zottige Stier war schier wie ein brauner wandelnder Erdbrocken, und ich stand lange im Anschauen im Graspark am Zaun
Und dachte: Dieser Präriegigant muß untergehen und läßt sich heute nur noch als Schaustück, wie der Eremit, besehen.
Denn nur der Arbeitssklave darf hier in diesem Land der Freiheit frei bestehen. Die Freiheit aber selber mußte mit Büffeln und Indianern untergehen.

 


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