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Bergpaß nach Hakone

Zusammengeklumpt liegen die Hakone-Berge im Morgen eingemummt, mit runden Rücken gleich einer Bärenfamilie, die im Knäul schläft,
Und über der die Schlafluft brummt. Acht Sedanstuhlträger schleppen mich von Miyanoshita im Trab hinauf auf die Bergmatten,
Die liegen ohne Waldungen und ohne Schluchten, wie gebauschter grüner Samt und ohne Schatten; wie Heupolster runden sich die Bergreviere
Und sind wie faule, trächtige Muttertiere. Vom Sedanstuhl, meinem sechzehnfüßigen Gaul, hör' ich die lustigen japanischen Kuliträger, die mich wiegen;
Sie plaudern und meckern vergnügt in den Tag, als wären sie Bergziegen. Bald im Schnellauf, bald vorsichtig im Takt schwebt mein Leib in die weiten Bergzonen hinauf,
Fort über die goldgelben Ginsterbreiten. Es ist ein graumatter Tag, mit Wolken vernagelt an allen Himmelsseiten, ohne blaue Spuren.
Wir halten an einsamen Wegteehäusern, wo die Leute auf Steinfluren nahe dem Weltrand wohnen. Die kleine Porzellanschale voll grünem Tee
Und Pfeffermünzzucker begrüßen dich auch hier noch, hoch über dem Tale, und diese verschollenen Teehäuser, nebelumschoben, gleichen verwunschenen hölzernen Menscheninseln im Luftsee.
Höher im Bergland oben erscheinen grauhaarige Binsenmoore; die Heidedisteln und feinen Silbermoose wogen am Wege lose im Tanze, halb Nebel, halb Pflanze.
Durch die Stickluft der »Kleinen Hölle«, wie die Japaner droben eine Strecke nennen, beginnen die Kulis mit meinem Bambusstuhl Trab zu rennen.
Heiße Quellen dampfen aus mancher Bergschlucht, wie faule Eier stinkend vom Schwefelwasserstoffduft.
Hölzerne Dörfer mit Badezellen erscheinen, und mitten im Nebelstanke verläßt dich hier nicht mehr der Gedanke an rheumatische Krüppel und Kranke.
Als die Wege drüben abwärtsgehen, stehen abseits dreitausendjährige Denkmale, hohe Gräserflocken umweben die drei alten Steinkugeln, die auf Steinquadern hocken,
Und ringsum ist die Bergmattenwelt, die luftkahle. Von zwei Brüdern, jeder ein Nationalheld, spricht hier jede Grasfahne und von einer berühmten japanischen Kurtisane.
Die drei sind die Helden von vielen japanischen Gedichten, und die drei Steinkugeln wollen ihre Lebensgeschichten und ihre Abenteuer berichten:

 


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