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Indische Herren

Seltsam sind auch die indischen Herren, entsteigen sie den Wagen.
Sie zeigen sich im Wagenfond, wie Europäer, in Kragen und Krawatten und in dunklem Rock.
Doch wird die Wagentüre aufgeschlagen, fragen oft deine Augen unter Staunen,
Warum die Herrn nicht Strumpf noch Hose tragen.
Unter der Weste hängt das weiße Hemd,
Oder ist lose ein weißer Schleier um das Bein geschlagen.
Gelassen, als wär' der Wagen eine Wanne nur zum Baden,
Steigen die Herren mit nackten Beinen, nackten Waden, in goldenen Pantoffeln auf die Straßen.
Im Kaffeehaus sind sie am Tisch gesessen,
Ernst abgemessen, europäisch bis an die Hüften, und stehen sie dann auf,
So sieht es aus, als haben sie das Beinkleid gleichwie im Traum vergessen.
Wie man oft träumt, daß man nur halbgekleidet unter Menschen geht
Und sich vor Scham aufbäumt, so schien es hier, wenn überm Weg
Ein reicher Indier mir, mit dicker Brille auf der Nase, von oben vornehm angekleidet
Und unten beinahe nackt, entgegenkam.
Und immer hörte ich in mir die Frage:
Bin ich Europa da nur vierzehn Tagereisen nah'?
Ich sah mich wie auf einem Traumplanet,
Weil jeder hier zum Korso nackend,
Wie nur die Sehnsucht durch den Weltraum, geht.

 


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