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Segelfahrt

Ich fuhr an einem andern Morgen den breiten, gelben Gangesstrom hinab,
Und eine leichte Brise bald dem großen Segelschiffe Flügel gab.
Nicht fern hier von Benares ist an dem flachen Strand ein Fürstenschloß zu sehen,
Das Haus von einem Herrn, der gern in London lebt und mit der eigenen Jacht stets zwischen England und dem Heimatland sich auf dem Meer befand.
An allen Wänden zeigten mir die Diener dort Lichtbilder aller Könige Europas.
Man schien auf diese stolz zu sein, als wären es die schönsten Malerein.
Am Ganges aber stand, gleichwie nürnberger Tand, ein buntes Lustboot für den Fürst zur Hand.
In kühnen Formen, wie ein Pfau, in Farben grellen, blau und grünen,
Mit hundert Silberrudern an den Seiten, die sich gleich weißen Flügelfedern spreiten.
In diesem Pfauenboote kam der Fürst hin an die Ufertreppen von Benares bei Festeszeiten stolz gefahren
Zu dem Empfang der Pilgerscharen.
Auch sah ich noch die Arbeitselefanten des Fürsten an dem Fluß entlang,
Die schleppten Bündel Gras zu Haufen und hatten ihren Arbeitsgang hier ohne Unterlaß
Und waren fleißig auf den Beinen, als gäbe es im Leben kein Verschnaufen.
Das Beste aber dieser Fahrt, was meinem Herzen ganz besonders nahe trat,
Das war ein Ausspruch, den im Boot ein Bischof aus Newyork hier tat.
Eh' noch das Schiff beim Schloß des Maharadjas zum Ufer lief,
Stand da im Rasengrün, im Winde schief, an Seilen Wäsche aufgespannt in weiß und roten Zeilen.
»Ach,« sagte seufzend jener Herr, »wie ist die Wäsche hier mir gut bekannt,
Nie habe ich mir träumen lassen, es könnte bei dem Anblick fremder Wäsche ein tiefes Heimweh mich erfassen.«
Er sprach die Worte lachend und gelassen. Und alle Fremden auf dem Schiff,
Die vorher unter Plaudern, unter Spaßen am Deck laut saßen,
Vergaßen schier den Ganges und Benares und gingen in Gedanken fern
Ein jeder zu den Seinen, still in die Heimatstraßen.
Und alle Fremden sahen gern die indischen Wäschestücke an,
Als hing vom Heimatglücke ein Schimmer für sie alle dort daran.

 


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