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Vom bösen Blick

Als ob in langer Reih' scharlachner Mohn, grüne Reseden, lila Kornraden,
Feuerblauer Enzian, Salbei aufsteigen im Juni und im Mai,
So zeigen sich die Indier in Straßenbahnen, Wagen und im Laden.
So jagen schnell, wie Feld- und Gartenblüten, die Frauen und die Männer, auf Straßen und auf Pfaden, bunt vorbei.
Es wiegen sich im Wind die Schleier all, die losen, als ob die Menschen hier, wie Luft und Wind, beweglich sind,
Und freier wie die Blätter, die verfliegen.
Die Indier werden scheu vor einem finstern Europäer, vor seinen abgemessenen Hosen,
Und sie betrachten ihn wie Tauben einen Häher.
Sie glauben an den bösen Blick, und Frauen, die in langen Reihen noch eben lachen, spielen, schwätzen, schreien,
Lösen die Hände, die sich hielten. Sie alle, voll Entsetzen, ergreift ein Bangen.
Sie halten ihre Hand schützend vor Aug' und Wangen.
Um nicht ein Unglück zu erleiden, vermeiden sie, den Europäer anzusehn,
Und schauen nie nach ihm zurück und lassen nicht ihr Auge mit ihm gehen,
Als könnte ihnen Schande schon durch einen Blick geschehen.
Sie fühlen sich von Unglück angesehen und lassen selbst die Schüsseln stehen,
Fällt mal ein europäischer Blick, nur im Vorübergehen, in ihr Essen.
Wo Widerwillen einem stündlich vor Augen und in aller Augen stand,
Ging jeder Europäer wie geächtet durch dies Land.
Nur ich, der von zwei Augen im Schlaf mich noch begleitet fand,
Ich fühlt' mich nicht verstoßen hier; und hoben alle Indierinnen auch vors Gesicht die Hand,
Ein Frauenblick lag warm auf mir, stets wo ich ging und stand.

 


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