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Beim Schiffsbarbier

Beim Schiffsbarbier in seinem kleinen Laden, saß ich zur Dämmerstund' am liebsten schier.
Ich konnte mir bei seinen Schränken, voll Raritäten aus allen Wäldern, allen Städten,
Die Menschen still zu Hause bei sich denken und mich ganz ungestört bei Muschelketten aus Tasmanisland und Palmenfächern an der Wand
Und elfenbeingeschnitzten Elefanten, die mich, seit bald zehn Tagen, jeden Abend auf dem Rasierstuhl als Klient erkannten,
Benehmen wie bei Freunden und Verwandten.
Haarwasserflaschen ernst, aus Liverpool, glänzten mit fettgedruckten Etiketten herab auf mich in meinem Lederstuhl,
Die gelben Schwämme, die in Bündeln hingen, darüber einst im Meeresgrund die Fische still spazieren gingen,
Sie alle fingen an, mich jeden Abend zu erkennen, zu duzen und auch Freund zu nennen.
Aus Japan schauten Morgenschuh' und Röcke, aus Ceylon schöngeschnitzte Kokosstöcke
Und Bambus und Matrosenkram, der buntgewürfelt hier zusammenkam, um sich für weniges hier feilzubieten.
Sie alle, ach, gerieten, wie mir schien, leicht wie der Schaum der Seifen in Bewegung
Und teilten gern mit mir des Heimwehs tägliche Erregung.
Wenn draußen um das Schiff die Wellen rannten und beim Barbier die Glühlichtlampen vor allen bunten Warenschränken brannten,
Konnt' ich mir eine Straße in der Heimat denken, wo sich vielleicht im Augenblick die Augen meiner Allerliebsten in irgendein Schaufenster träumend senken.
So sah ich, hinter Seifentassen, Europa an im Indischen Ozean
Und nahm ein Beispiel mir auf meinem Stuhl bei jedem Wellenstoß, daß bei den Flaschen festverkorkt, aus Liverpool, trotz aller Sehnsucht nicht ein Tränklein überfloß.
Denn ach, die toten Dinge sind nicht seelenlos, und sprachen sie auch nicht vom warmen Blut und roten,
Sie boten Obdach doch dem Herz, dem bis zu seinem Ziele der Meere fünf noch drohten.

 


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