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Der Gott aller Reisenden

Hochwehende Berggrasblüten und Ginstergelb und Goldblumen vom Löwenzahne umrahmen die Steinkugeln der Gräber dieser drei Helden, Juros und Goros, der Brüder, und Tora Gozens, der Kurtisane;
Die Brüder, die ein Jahr lang dem Wahne der Rache nachhingen und in einem Augenblick in Liebe um Tora Gozen untergingen. Große Herzen trotzen dem Zeitzahne und werden zu Mythen. –
Weiter fort auf diesen Bergfluren kauern fünfundzwanzig steinerne Buddhafiguren, und alle tragen der Jahrhunderte graue Spuren und sitzen, als ob sie über Wunden brüten.
Und ihnen wie den Helden naht der Menschen pilgernd' Gewürme und der Stürme Wüten, und nimmer enden, noch heute nicht, dort die Pilgerscharen,
Deren Wünsche und Hoffnungen den steinernen Götterohren längst bekannt, wie die Moose und Blätter, wie des Jahres Wetter, das über sie tausendmal gefahren. –
Noch ein Stück weiter, wenn die Pilgerfüße traben, finden sie auf einer kreisrunden, senkrechten Felsplatte, haushoch, erhaben den Gott aller Reisenden gemeißelt,
Der einen einzigen runden Stein als Heiligenschein um das Haupt hat; auch ihn hat die Zeit gegeißelt und ihm eine Hand zerbrochen.
Er aber sitzt immer noch lächelnd vor seiner Felswand, unter den Blattzweigen der immergrünen Eichen, die fächelnd ihre täglichen Lichter und Schatten'
Dem Gott als tägliches Opfer darreichen. Da waren schon manche, die auch nicht mehr zu opfern hatten als nur ihren Schatten. Und wie gern zufrieden wäre manch einer der Wanderer,
Dessen Schritte einsam am Weg entlang hallen, wollte nur von fern der Schatten eines geliebten Menschen über seinen Weg hinfallen.

 


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