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Kandy

Wie ein Wein, der, zuviel genossen, dir den Geist aus dem Blut reißt und plump macht und verdrossen,
So weist die Bergwelt, die sich überschwenglich in hellen Brücken erschlossen, den Reisenden bald wieder herab von ihrem schwindelnden Rücken.
Ich bin, bald wieder von der Bergansicht im Herzen entleert, umgekehrt, bergab gereist, und machte erst Halt auf halbem Weg,
Wo im Bergwinkel in der Tropenzone Kandy in Palmen und Sonne liegt, wie eine liebliche Hindufrau ohne Kraft,
Auf der Bergbank eingeschlafen nach einem Trank von betäubendem Mohnsaft. In üppiger Ruhe, wie ein Heiligtum in einer grünen Truhe, liegt Kandy.
Bergbuckel stehen friedlich um einen kleinen See herum, und die Sonne geht trunken und groß über den Brotfruchtwäldern um,
Als lebt sie vor Friede und Sättigung zeitlos.
Die kleine Stadt liegt geschart neben ihrem achteckigen Tempelturm am See. Dort wird ein Zahn Buddhas im Wallfahrtskloster bewahrt,
Denn das kleine Kandy ist schon alt und bejahrt. In einem Rikschawagen fuhr ich nachts um die Biegungen des künstlichen Sees,
Der tot liegt, als wär er ein Stein. Kein Wellensprung auffliegt. Wie in einen Toilettenspiegel sehen die Palmenberge in seine Glätten hinein,
Und immer war der Seeschimmer wie ein Silberdeckel, der still lag, als deckt er eine Welt zu, die darunter auferstehen mag,
Wenn es ihr munter einfällt noch einmal vor dem Jüngsten Tag.

 


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