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Bei den Arbeitselefanten von Kandy

Die Lust der Landschaft gibt dir Lebenskraft. Und hügelan und hügelab bestaunt' ich um Kandy den Erdsaft, der als Palmenschaft oder als Reisfeld ins Tageslicht aufgafft.
Bananenblätter standen dort gleich menschendicken Halmen, in grünen Banden, unter dem roten Bast der Kokospalmen.
Und drinnen klemmen sich kopfgroße Nüsse, von Zentnerlast, als sind die Palmen Akrobaten, welche Gewichte stemmen.
Im Dickicht tiefer Dschungeln verdunkelten Kolosse der Arbeitselefanten mit hohem Rücken fast das Tageslicht.
Sie stehen finster, Schicht an Schicht, in schwerfälligem Trosse und wiegen auf und ab den Rüssel in ihrem vorsündflutlichen Gesicht.
Sie schleppen Bambusreisig zu Bündeln hier zusammen und müssen große Stämme rammen und wie Taglöhner fleißig sein;
Und Eisenketten klirren an ihrem klumpigen Bein, und alle, ohne sich je zu beirren, arbeiten weise im Verein.
Die ungeschlachten Körper sind wie wandelnde Massen Granit. Es saßen leichte, nackte indische Knaben
Auf den Elefantenschädeln wie auf lebenden Thronen und bewachten der Tiere bedächtigen Schritt. Der Elefanten Stoßzähne faßten zu,
Und wie eine Riesenraupe schlingt sich im Nu der Rüssel um die Lasten. Mit gewichtiger Ruh', ohne zu hasten, und mit Gleichmut in den Mienen
Arbeitet emsig jeder Koloß und will willenlos dem indischen Knaben dienen.
Und diese Tiere, welche Macht und Ohnmacht zugleich in ihren Riesenleibern haben, und deren Geduld nie stockt, sie traben mit Bedacht im Takt,
Wenn der Mund eines Knaben einer Flöte ein paar Töne entlockt. Dann ist's, als ob das winzige Elefantenauge blitzt wie eine schwarze Erbse, die in einem riesigen Schädelknochen sitzt,
Und der dicke Elefant lacht, denn die Flöte hat ihm die Arbeitskette leichter gemacht, und der Elefant fühlt sein Herz schwärmerisch pochen,
Und er vergißt, daß ihn eben noch die eiserne Harpune des Treibers bis aufs Blut gestochen, und die Stimme seines Wohlbehagens ruft mit schmetternden Trompetentönen wild in die Waldluft.
Wenn die Palmen am Mittag lange Schatten schreiben, treiben die Knaben die Elefantenherde zum Flußgraben, wo sie Ruhezeit nach der Arbeit haben.
Und das schlammige, flache Wasser kommt, um die heißen Tierleiber zu laben. In ihrer Länge und Breite legen sich, wie schwere Säcke,
Die Elefanten in das Flußbett wie schlafend, ausgestreckt auf einer Seite, ohne sich zu bewegen. Nur eine Wange oder ein Aug' oder ein Riesenohr sehen aus dem Wasser hervor,
Der Ohrlapp wedelt; der Rüssel, der sich schlapp wie eine nasse Schlange rollt und blitzt, zieht Wasser ein, das er in dicken Strahlen hoch in die Lüfte spritzt.
Ruhig, auf dem Kopf des Leitelefanten, im Wasser, sitzt der Flötenspieler wie auf den Kanten einer Klippe, und seine Lippe lockt Melodien,
Und solange sein Lied nicht stockt, bleibt die Herde gelagert im Fluß, wie unbewegte Brocken dunkler Erde.
Und alle lauschen, und manche stöhnen, als wollten sie mit den Tönen ins Nirwana fliehn, indes die Flutwasser beständig mit dem Flötenlied lebendig rauschen und hinziehn.
Die kleinen Flötenlieder der Indierknaben haben die großen Elefantenknochen und Elefantenglieder gleichwie in Ohnmacht hingeworfen und zerbrochen.
Alle liegen tot im Wasser nieder, als hab' sie die Flöte tiefer als die Harpune gestochen. Als sei ihnen der Knabe aufs Herz getreten,
So herzzerreißend trompeten durch die Waldschlucht mit Wucht die Rüssel, die großen; als ritten Dschungelheimweh und Liebessehnsucht auf den gefesselten Kolossen.

 


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