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Umblick von Nuwara Eliya

Ich besuchte keine der verbrannten Städte, die im Innern von Ceylon als Haufen Steine liegen,
Jene Ruinenzeichen aus unbekannten Reichen. Häuser sind dort zerfallen, die einst höher waren als Europas höchste Kathedralen,
Und auch ein alter Baum ist drinnen im Land, der älteste, den man von Menschenhand je auf der Erde gepflanzt fand.
Der heilige Bobaum, den brachte aus Indien nach Ceylon hin eine Frauenhand, eine Priesterin,
Und er ist schon ein Zweig von jenem Baum gewesen, unter dem Gautama an dem Tag gesessen, da ihn der heilige Geist zur Buddhagöttlichkeit auserlesen.
Der Zweig wurde Baum, überlebte Streit und Brandzeit und steht jetzt zweitausendzweihundert Jahre auf Ceylon im Weltraum.
Die Ruinen von Anuradhapura und Minitale, von Polonnaruwa, die Festung Sigiriya und der Felsentempel von Dambulla,
Bei denen sind uralte Lotossümpfe, steinerne Elefanten und Kobras und die ungeheueren, getürmten Stümpfe von baumbewachsenen Dagobas;
Helle Treppenstufen der Königinnen mit dem runden Mondstein an der Schwelle, gleich einer weißen Mondsense, und turmhohe Buddhas,
Und in manche der stummen Steinzellen sind von Künstlern eingegraben Leoparde und Gazelle, die sich jagen,
Und die dreizehn heiligen Gänse, die in den Schnäbeln Lotosblumen tragen. In Anuradhapura ist auch der eherne Palast,
Wo viele Frauen sich Mut gefaßt in uralten Tagen und baten, man möge ihnen das Gesetz der Selbstaufopferung antragen.
Die Königin Anula und Tausende Frauen, sie wollten gern das Sterben fürs Leben wagen. Und in diesem Land voll Steinspuren und Sagen,
Wo Gedankenwelten und Kulturen und Göttlichkeiten errichtet wurden und wieder zerschlagen,
Jagen auf den Urwaldfluren noch heute die wilden Weddhas, die nackten Jäger, die Pfeil und Bogen tragen,
Ohn' andere Spuren zu hinterlassen als das Blut der erlegten Leoparden und den verscharrten Rest der Kohlenglut vom Lagerfeuer, an dem sie nachts saßen und starrten. –
Ich besuchte nur die Berglandschaft, die dort liegt im Himmelsraum wie ein Silberschaum;
Und ich vermied, frühlingsfroh, alle Ruinen, die nur der Sehnsucht und dem Zeitschmerz dienen.
Von Nuwara Eliya, hoch auf den Bergterrassen, führt manche Wegbreite zu den Paßstraßen mit der Aussicht auf grünblaue Weite.
Dort ist der Adamsgarten an der südlichen Berglehne, wie eine bunte Mähne aus Blumenfeldern und Blumenbetten,
Mit zierlichen roten Wegsteigen, die vor die Lotosteiche hintreten; Waldbäche, rosig überblüht; Fruchtbaume, die sich ausbreiten,
Mandeln, Orangen, Trauben und Feigen und die Blumen aller Jahreszeiten, die sich alle auf einmal zeigen und sich nicht um den Lebensmonat streiten.
Dort in dem unsterblichen Gartenreich ist es Mai und August zugleich, ist die Brust gekühlt und in Glut,
Als ob dir mit Lust und Vertrauen deiner Geliebten frischer Frauenarm, der sich erquicklich anfühlt, unter dem erhitzten Haupte ruht.

 


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