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Im Deckstuhl

Der Zufall brachte es, daß an der Schiffswand, neben meinem Stuhl auf Deck, der Stuhl auch einer seltsam schönen Dame stand.
Schön war sie, wie ein Schnitzwerk aus Olivenholz, und reich geschmückt, und Haar und Kleidung stolz;
Doch hielt sie stets das Haupt etwas gebückt, als ob ein Mangel sie bedrückt.
Ich habe sie zuerst nur im Profil gekannt. Dann, als sie mir das Angesicht voll zugewandt,
Sah ich wie in ein Unglück tief hinein, denn eine schwarze Seidenbinde hüllte die andere Augenhöhle, die leer war, ein.
Doch ihr Geliebter, der an ihrer Seite saß, schien eifersüchtig auf ein Auge, mehr als ein anderer auf zwei, zu sein.
Ich aber bildete mir ein zum Spaß, daß sie das andere Auge auch besaß und es nicht zeigen mag;
Denn dann hätt' sie vor ihres Liebsten Eifersucht nicht einen ruhigen Tag.
Und weil ich meine Sehnsucht auch wie eine Seidenbinde über dem einen Auge trag',
Ich, wie im Scheintod, still in meinem Deckstuhl ihr zur Seite lag,
Als ihres blinden Aug's Gefährte,
Solang' die Fahrt im Roten Meere währte.

 


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