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Indisches Straßenleben und Straßenschlaf

Ein Rasensaum die europäische Stadt vom Eingebornenviertel trennen tat.
Doch welch ein ungeheurer Zwischenraum! Ein neuer Lebenstraum dir hier entgegentrat.
Als wenn man sich in eine Biene klein verwandelt und flöge unter einen Baum zu einem Bienenstand
Und ging am Rand der blau und gelb und grünen Kasten, die da hochgestellt,
Als Biene zu der Bienenwelt gesellt, wo Bienenflügel hasten;
Wo Sonnenhitze, Blitze von Blumenfarben, Summen, Honigsammeln und Wachsbereiten zu allen Zeiten,
Rüssel- und Flügelputzen unterm blauen Himmel jedermann gefällt.
So ist die indische Stadt. Die Häuser, bunt, wie Holzgestelle,
Viel schnelle Füße, schnelle Hände und jeder Atemzug Berechtigung zum Leben hat.
Lebendig jede Mauer, jedes Haus und Stockwerk, Gitter und Veranden ein bunter Vogelbauer, darinnen es von Leidenschaften blitzt.
Vor allen Türen sitzt von nackten Menschen ein Gekauer. Bis mitten in die Straßen im Verein,
Einer beim andern eng, als ladet jeder Pflasterstein, von Menschen ein Gedräng, zur Unterhaltung ein.
Wie Schwalben schlank sie beieinander saßen vor den Basaren, die weit offen waren
Und voll von rot und grünen Flittermassen.
Viel Schneider, Sticker und Pantoffelflicker arbeiten an den Maskeradestoffen.
Barbiere haben ihre Kunden, mit ernsten Mienen,
Hier mitten im Gewühl der Wagen, am Pflaster hockend, zu bedienen.
Und unter Rädern hochbeladener Karren, im Knarren und Geschrei,
Bleiben da Ziegen, Kalb, Truthühner, Hunde schlafend liegen.
Mit keiner Peitsche wird geschlagen.
Die Pferdehufe stiegen behutsam über den, der eingeschlafen,
Mit keinem Rufe wagen die Indier die zu stören, die schlafend dem Nirwana angehören.
Schlaf ist die allererste Stufe hin zu der Seligkeit und steht, wie Liebe, über Tag und Zeit.

 


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