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Die Prom-Pagode

Draußen vor Prom am Irawaddystrom liegt auf dem Berg ein goldener Pagodendom, an Pracht ähnlich der Shwe Dagon-Pagode.
Ich wagte mich zur Nacht hinauf; ein hölzern Treppenhaus nahm mich mit mächtiger Leiterstiege auf,
Und Bettler saßen dort zu Hauf; die alten Treppenbretter und Bettellumpen, all' die grauen,
Mit gleichem Trübsinn auf dich schauen.
Hoch oben bauen sich unzählige Pagoden rings um der Hauptpagode Knauf.
Über den goldenen Spieren schwirren die Sterne in der Tropennacht,
Als ob sich Silberscharen kleiner Vögel hoch in den nächtigen Luftrevieren,
Rund um die Tempel aufgescheucht, verirren. Die Opferfeuer auf Altären
Stehen am Fuße der Pagoden vor goldenem Gemäuer und leben, rot und gelb entfacht,
Und werfen breite, helle Pracht, als ob die Flammen die Gewänder von geisterhaften Tänzerinnen wären,
Und ihre Scheine hängen wie bewegte Bänder an goldgeschnitzten Speeren, um goldne Zinnen, goldene Geländer.
Kerzen und süßer Weiherauch beleben die Gesichter jeder Gottheit und heben die Gedanken weit
Über den engen Rahmen aller Zeit. Ich fand birmanische Familien Hand in Hand, die ganze Nächte zu den Göttern kamen.
Am Boden vor mir thronen auf den Binsenmatten vier, fünf Personen,
Lautlos, als wären's hingezeichnet ein paar Schatten. Sie hatten Kuchen und Getränke stehn im Kreis.
Sie waren leis' gekommen, die Götter zu besuchen, und rauchten plaudernd ihre Bastzigarren,
Wie Menschen, die auf du und du mit ihren Herzensgöttern waren und zu der Freundschaft nicht mehr Zeremonien brauchten.
Sie saßen hier zur Nacht beim kleinen Mahl und saßen bei den Göttern wie zu Gast
Und ruhten bei den Göttern nach der Tageslast und rauchten lächelnd ohne Hast
Und nahmen sich vom goldumspiegelten Altar ein wenig von des Gottes Seligkeit und Rast.
Mein Schritt mir doppelt einsam war.
Wohl trug ich stets mein golden Götterbild im Aug' rund um die Erde mit,
Doch ach, ich saß nie still bei Speis' und Trank; seit ich ein Erdumwandrer, sehnsuchtskrank,
Trug ich mich fort, zerbrochen, Stück um Stück, gleich wie ein Krug,
Den täglich man gekittet und täglich neu zerschlug.
Selbst in dem grauen Stiegenhaus der Bettler Schar, an denen Staub und Krankheit fraß,
Die unter dem Gestank von Öllaternen trüb und aussatzkrank in Lumpen saß,
Erschien an Wohlstand und an Glück mir Ärmstem überlegen.
Die Grauen hielten mehr Zufriedenheit in ihrer hohlen Hand,
Als ich für mich, fern von der Liebsten, auf allen Wegen um die Erde fand.

 


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