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Einige Regentropfen

Es fielen einige Regentropfen, die ersten hier seit langen, dürren Tagen.
Ich ging zurück zum Boot und ließ mich unterm Regenschirm am Ufer wieder abwärts tragen.
Die Menschenmassen sehen nach den Wolken und stehen unterm nassen Himmel mit Behagen und wollen nicht vom Baden lassen.
Sie freuen sich der großen Tropfen, die in den Gangesspiegel schlagen,
Die alle Spiegelbilder der Paläste in kleine Stücke schnell zerklopfen.
Der Regenlaut war mir im Ohr gar heimatlich vertraut.
Bald staunte ich nicht mehr und habe ohne innere Erregung den Gesten der Asketen,
Rauchwolken, die von Scheiterhaufen wehten, den Blumenblättern in der Strömung
Wie einer Alltagssache nachgeschaut.
So wird auch das Gewaltigste dem Auge, wenn die Gewohnheit es beständig wiederkaut,
Dem Herz wie eine Alltagssache bald vertraut.
»Der Leib ist nur das Kleid der Lebenszeit«. Stets hat vor dieser Indierweisheit mir gegraut,
Weil sie mit abgelebtem Blick der Lust des Fleisches nicht mehr traut.
Weil sie nicht unbewußt mehr lacht, das Leben wie der Regen farblos und ohne Spiegelbilder macht. –
Und in derselben Nacht im Schlaf fuhr ich im Dunkeln im Hotel empor.
Mir war, als schrie im Hof wie ein Asketenchor ein Menschenhaufen;
Ich hatte noch am nächsten Tag das Nachtgeschrei im Ohr.
Und höre ich sagen: Heulaffen haben in den Palmen des Nachts dies Jammern aufgeschlagen.
Wer dieses einmal nur gehört, muß es zeitlebens in Erinnerung tragen.
Es war, als ob die ganze Menschheit den Selbstmord fordert, wild empört.
In nächster Nacht hat mich der Schreckenslaut nicht mehr gestört.
Mich hat nur doppelt, einsam wie zuvor, nach allem, was ich hier geschaut, vor meinem Heimweh jetzt gegraut.

 


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