Karl Simrock
Rheinsagen aus dem Munde des Volks und deutscher Dichter
Karl Simrock

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Wiesenthal

200. Gespenst an der Kandererstraße

's gibt Gspenster, sell isch us und isch verbei!
Gang nummen in der Nacht vo Chander hei,
Und bring e Ruusch! De triffsch e Plätzli a,
Und dört verirrsch. Ich setz' e Büeßli dra.

Vor Ziten isch nit wit vo sellem Platz
E Hüsli gsi: e Frau, e Chind, e Chatz
Hen g'othmet drinn. Der Ma het vorem Zelt
Si Lebe g'lo im Heltelinger Feld.

Und wo sie hört: »Di Ma lit unterm Sand!«
Se het me gmeint, sie stoß der Chopf an d'Wand.
Da holt sie d'Pappe no vom Füür und blost,
Und gits im Chind, und seit: »Du bisch mi Trost!«

Und 's wärs au gsi. Doch schlicht e mol mi Chind
Zur Türen us, und d'Muetter sitzt und spinnt,
Und meint, 's seig in der Chuchi, rüeft und goht,
Und sieht no just, wie's uffem Fußweg stoht.

Und drüber laust e Ma, voll Wi und Brenz,
Vo Chander her ans Chind und überrent's
Und bis sie 'm helfe will, sen ischs scho hi,
Und rüehrt si nit – e flösche Bueb ischs gsi.

Jez rüstet sie ne Grab im tiefe Wald,
Und deckt ihr Chind, und seit: »I folg der bald!«
Sie setzt sie nieder, hüetet 's Grab und wacht,
Und endli stirbt sie in der nünte Nacht.

Und so verwest der Lib in Luft und Wind.
Doch sitzt der Geist no dört und hütet's Chind,
Und hütigs Tags, de Trunkene zu Tort,
Goht d'Chander Stroß verbei an sellem Ort.

Und schwankt vo Chander her e trunkne Ma,
Se siehts der Geist si'm Gang vo witem a,
Und führt en abwärts, seig er, wer er sei,
Er loßt en um kei Preis am Grab verbei.

Er chunnt vom Weg, er trümmlet hüst und hott,
Er bsinnt si: »Bini echterst, woni sott?«
Und luegt und lost, und mauet öbbe d'Chatz,
Se meint er, 's chreih e Guhl an sellem Platz.

Er goht druf dar, und über Steg und Bruck
Se maut sie eben all'wil witer z'ruck;
Und wenn er meint, er seig iez bald dehei,
Se stoht er wieder vor der Weserei.

Doch, wandle selli Stroß her nüchtri Lüt,
Se seit der Geist: »Ihr thüent mi'm Büebli nüt;«
Er rührt sie nit, er loßt sie ordeli
Passieren ihres Wegs. Verstöhnder mi?

            Hebel.

 

201. In Rosen baden

Es war Herr Burkhart Münch bekannt
Als tapfrer Kriegsmann in dem Land,
Mit dem Delphin aus Frankereich
Er kam mit starker Macht zugleich.

Nicht weit von Basel fiel zumal
Der Eidgenossen große Zahl,
So daß sein Feind für diesmal zwar
Erleget und entflohen war.

Da ritt Herr Burkhart Münch frei fort
Dort auf die Walstatt an den Ort,
Auch über tote Körper all'
Und triumphiert' mit lautem Schall.

Und auf der Walstatt einen fand,
Der ihm zuvor war wohlbekannt,
Der seine Wunden schwer ertrug;
Alsbald er sein Visier aufschlug.

Und sprach: »Schaut heutzutag' hiebei,
Da baden wir in Rosen frei.«
Solch Wort erhört' ein Eidgenoß,
Den diese Schmach gar sehr verdroß,

Daß er zu rächen sich gedacht:
»Ich möcht' nur haben so viel Macht,
Weil ich doch lieg' zum Tod verwundt.«
Also er sich ermahnt zur Stund'.

Da richtet er an einem Stein
Sich auf die Kniee ganz allein,
Und warf denselben scharfen Stein
Herrn Burkhart in den Helm hinein.

Da sank Herr Burkhart unverzogen
Und starb an seinem Sattelbogen.
Das Roß ging mit dem Reiter durch
Und bracht' ihn sterbend an die Burg.

»Wie hängt der Ritter auf dem Roß?
Sein Panzer ist ja rosenrot!
Legt ihn nur auf den Kirchhof fein,
Da wachsen viele Röselein.«

Da ward die Ros' in ihrem Blut,
Die frech erwuchs mit Übermut,
Gar bald zunicht' durch fromme Händ':
Das Rosenbad Gott von uns wend'.

            Altes Lied.

 


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