Karl Simrock
Rheinsagen aus dem Munde des Volks und deutscher Dichter
Karl Simrock

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Baden

166. Graf Eberstein

Zu Speier im Saale da hebt sich ein Klingen
Mit Fackeln und Kerzen ein Tanzen und Springen:
            Graf Eberstein
            Führet den Reihn
Mit des Kaisers holdseligem Töchterlein.

Und als er sie schwingt nun im lustigen Reigen,
Da flüstert sie leise, sie kann's nicht verschweigen!
            »Graf Eberstein,
            Hüte dich fein,
Heut' nacht wird dein Schlößlein gefährdet sein.«

Ei! denket der Graf, Euer kaiserlich Gnaden,
So habt Ihr mich darum zum Tanze geladen!
            Er sucht sein Roß,
            Läßt seinen Troß,
Und jagt nach seinem gefährdeten Schloß.

Um Ebersteins Feste da wimmelt's von Streitern,
Sie schleichen im Nebel mit Haken und Leitern.
            Graf Eberstein
            Grüßet sie fein,
Er wirft sie vom Wall in die Gräben hinein.

Und als der Herr Kaiser am Morgen gekommen,
Da meint er, es seie die Burg schon genommen.
            Doch auf dem Wall
            Tanzen mit Schall
Der Graf und seine Gewappneten all'.

»Herr Kaiser! beschleicht Ihr ein andermal Schlösser,
Tut's not, Ihr verstehet aufs Tanzen Euch besser.
            Euer Töchterlein
            Tanzet so fein,
Dem soll meine Feste geöffnet sein.«

Im Schlosse des Grafen, da hebt sich ein Klingen,
Mit Fackeln und Kerzen ein Tanzen und Springen.
            Graf Eberstein
            Führet den Reihn
Mit des Kaisers holdseligem Töchterlein.

Und als er sie schwingt nun im bräutlichen Reigen,
Da flüstert er leise, nicht kann er's verschweigen:
            »Schön Jungfräulein,
            Hüte dich fein!
Heut' nacht wird dein Schlößlein gefährdet sein.«

            Uhland.

 


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