Karl Simrock
Rheinsagen aus dem Munde des Volks und deutscher Dichter
Karl Simrock

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Dhaun

116. Der Affe zu Dhaun

»Die Wiege leer, des Grafen Kind hinweg, ich arme Frau!
Der Vater schlägt mich lahm und blind, der Raugraf ist so rauh.

Zigeuner wohl, da kurze Frist ich nickte, trugen's fort,
Und wo der Wald am tiefsten ist, da sei mein Zufluchtsort.«

Und wo der Wald am tiefsten war, im eichenstarren Soon,
Des Grafen Affe pflegt fürwahr geschickt des Grafen Sohn.

Er bringt ihm Äpfel, die er fand dort vor des Waldes Saum,
Und süßer Beeren allerhand und Honig aus dem Baum.

Wiegt ihn in Schlaf auf seinem Schoß, ganz nach der Amme Brauch,
Macht ihm ein Bett aus weichem Moos, sitzt dann und schlummert auch.

Da nimmt die Frau den Knaben froh und trägt ihn heim geschwind:
Im Schlosse war schon ein Hallo um das verlorne Kind!

»Hier ist der Jung', er war im Wald; der Affe, der ihn stahl,
Er kommt wohl auch, der Schläfer bald, erwacht er nur einmal.

Er hat mir alles nachgemacht genau, wie er's geschaut;
Nur halt' ich immer beßre Wacht und schnarche nicht so laut.«

Des Grafen und der Gräfin Pein war da in Lust verkehrt;
Dem Affen setzten sie von Stein ein Mal, das heut' noch währt.

Hier hält er vor dem Saal zu Dhaun dem Kind den Apfel hin;
Doch warum ward nicht ausgehaun die fleiß'ge Wärterin?

            K. S. [Karl Simrock]

 


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