Karl Simrock
Rheinsagen aus dem Munde des Volks und deutscher Dichter
Karl Simrock

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Johannisberg

109. Die Mönche vom Johannisberg

Von Fuld der wackre Abt kam einst zu visitieren:
»Ob auf Johannisberg die Reben recht florieren?«

Die Trauben fingen schon braungoldig an zu blinken:
Der Abt lud den Konvent zu einem Abendtrinken.

Er sprach: »Der nahe Herbst wird sicher uns erfreuen;
Ein Fläschlein oder zwei, wir brauchen's nicht zu scheuen:

Her aus dem Mutterfaß! Doch halt, bevor wir zechen,
Nehm jeder sein Brevier, ein kurz Gebet zu sprechen!« –

»Brevier?« – »Ja, eu'r Brevier!« Sie möchten schier versinken;
Sie suchen, suchen – »Laßt's! Beginnen wir zu trinken!

Die Flaschen her! – Weiß Gott, das nenn' ich auch vergeßlich,
Daß ich den Stöpselzug daheim ließ – das ist häßlich!« –

»Den Stöpselzug?« Im Nu fährt's da in alle Taschen,
Und gibt's im Augenblick Korkzieher mehr als Flaschen.

»Bravo, ihr frommen Herrn! Dies Stücklein find' ich heiter.
Daran erkenn' ich recht die echten Gottesstreiter.

Bravo, ihr frommen Herrn! Welch reicher Gottessegen
An Stöpselziehern – ei, was blickt ihr so verlegen?

Laßt's euch für heute nur nicht weiter Kummer schaffen,
Doch morgen – still, ihr Herrn! Ergreifen wir die Waffen!«

            Alex. Kaufmann.

 


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