Karl Simrock
Rheinsagen aus dem Munde des Volks und deutscher Dichter
Karl Simrock

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Frankfurt

134. Frankfurt

Die besten seiner Helden lagen in Sachsen tot,
Da flohe Karolus Magnus der Kaiser in großer Not.

»Laßt eine Furt uns suchen längshin am schönen Main,
O weh, da liegt ein Nebel, der Feind ist hinterdrein!«

Nun betete Kaiser Karol auf Knien an seinem Speer:
Da teilte sich der Nebel, eine Hirschin ging daher.

Die führte ihre Jungen hinüber zum andern Rand:
So machte Gott den Franken die rechte Furt bekannt.

Hinüber zogen alle wie Israel durchs Meer,
Die Sachsen aber fanden im Nebel die Furt nicht mehr.

Da schlug der Kaiser Karol mit seinem Speer den Sand:
»Die Stätte sei hinfüro der Franken Furt genannt.«

Er kam da bald zurücke mit neuer Heeresmacht,
Damit er der Sachsen Lande zu seinem Reich gebracht.

Doch dort am Main erpranget nun eine werte Stadt,
Die reich ist aller Güter und edle Bürger hat.

Es ward da mancher Kaiser gekrönt mit Karols Kron'
Und feierlich gesetzet auf goldgestickten Thron.

Da briet man ganze Rinder, es strömte der Fülle Horn,
Es schöpfte jeder Arme Wein sich aus reichem Born.

Im Römer füllte dem Kaiser der Erzschenk den Pokal:
Mit Kaiserbildern wurden bedeckt alle Wänd' im Saal.

Bedeckt sind alle Wände bis an den letzten Saum:
Kein neuer Herrscher fände zu seinem Bildnis Raum.

Der erste deutsche Kaiser gab Namen dieser Stadt,
Die auch den letzten Kaiser in ihr gekrönet hat.

            August Kopisch.

 

135. Der Schelm von Bergen

Zu Frankfurt auf dem Römer war heute Königswahl
Und abends drehn Vermummte sich bei der Fackeln Strahl.
Der König ist gekoren,
Des Reiches Not beschworen:
Ihr Masken schwingt euch froh im Saal.

Zum Tanze lädt's, zum Tanze! der König fliegt dahin
Und mit dem schwarzen Ritter die junge Königin:
Wer ist wohl der Beglückte,
Den solche Ehre schmückte?
Sie wäre Fürsten Hochgewinn.

Und wieder lädt's zum Tanze, gar mancher Tänzer keicht:
Wem hat die junge Königin die Hand zum Tanz gereicht?
Es ist der schwarze Ritter;
Er tanzt fürwahr nicht bitter,
Ja keiner schwebt so frei und leicht.

Und immer ist's der Schwarze, der sie zum Tanze führt;
Doch ist sie wohl zu tadeln, daß sie den Tänzer kürt? –
Die Larven werden fallen,
Dann muß sein Name schallen,
Dann zeigt sich, ob es ihm gebührt.

»Wollt Ihr Euch nicht entmummen, Herr Ritter, es ist Zeit,
Die Larven alle fielen, laßt schauen, wer Ihr seid?« –
»Das, Herrin, nicht begehre!
Bei dein und meiner Ehre,
Du forderst unser beider Leid.«

»Wärt Ihr des Reiches Ächter,« begann der König hehr,
»Hier dulden Ehrenwächter jetzt keine Masken mehr.«
Da kann er sich nicht bergen:
»Der Scharfrichter von Bergen!«
Erschrocken schallt es ringsumher.

»Unehrlicher, dein Atem befleckt die Königin,
Den Frevel wirst du büßen, der Tod ist dein Gewinn.
Legt Hand an ihn, ihr Schergen,
Den Scharfrichter von Bergen,
Zum Richtplatz schleift ihn selber hin.«

»Was könnt' es helfen?« spricht er, »die Königin blieb entehrt:
Ich will euch besser raten, Herr König, zieht das Schwert,
Schlagt mich damit zum Ritter:
Beschimpft sie dann ein dritter,
Das räch' ich ritterlich bewährt.« –

»Der Rat ist gut, knie nieder, ich lohn' ihn mit der Tat:
Du bist ein Schelm gewesen und schelmisch war dein Rat,
So heiße Schelm von Bergen:
Der darf sich nicht verbergen,
Dem dies der Deutschen König tat.«

Und wieder lädt's zum Tanze, gar mancher Tänzer keicht:
Wem hat die junge Königin die Hand zum Tanz gereicht?
Es ist der schwarze Ritter,
Er tanzt mit offnem Gitter,
Kein Reichsfürst tanzt so frei und leicht.

            K. S. [Karl Simrock]

 


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