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46

Der Ehrentag Rochester's endete mit einem glanzvollen Hofball.

Bevor der erste Tanz begann, kam die kleine Catherine Lady Howard auf Arbella zu, knickste und sagte:

»Es ist begreiflich, daß Sie heute nicht tanzen wollen, Lady Arbella.«

»Woher wissen Sie, Lady Catherine, was ich will oder nicht will?«

»Weil man nur will, was man kann. Und tanzen kann man doch nur, wenn man froh ist.«

»Oh, ich habe auch schon weinend getanzt, kleine Lady. Das ist eine besondere Kunst, die nicht jeder erlernt. Man verdoppelt damit den Diamantenglanz des Ballkleides.«

»Das möchte ich sehn! Soll ich Sie weinen machen?«

»Das dürfte Ihnen schwerfallen, süße Lady. Meine Tränendrüse ist kein Ziehbrunnen, wo jeder Wasser schöpfen kann.«

»Es würde salziges Trinkwasser sein, Lady Arbella. Aber ich möchte es doch plätschern sehn. Darum verrate ich Ihnen, was ich zu verschweigen schwor: Lord Seymour hat sich in Florenz mit Lady Elinor verlobt ... Wie, Sie sagen nichts zu dieser Gemeinheit? Und der Ziehbrunnen plätschert nicht?«

»Selbst wenn es wahr wäre, würde er nicht plätschern, Kind. Aber es ist nicht wahr.«

»Meine fünfzig Papageien lügen nicht!«

»Und von wem haben es Ihre fünfzig Papageien?«

»Vom Prinzen Charles, meinem Freund. Und der hat es von seiner Mutter ... Aber bitte fragen Sie ihn nicht, sonst verkauft er mir nie wieder ein Geheimnis für einen Kuß.«

»Wozu sollte ich ihn fragen! ... Ich glaube Ihnen auch so, süße Lady, daß Sie mit Küssen Handel treiben.«

»Wie schade, daß Sie nicht weinend tanzen wollen, Lady Arbella. Ich hätte zu gern die Kunst von Ihnen erlernt!«

»Sobald es plätschert, sollst du mich tanzen sehn, du kleine Hexe von Glamis!«

Wie eine grünlich bleiche, starr lächelnde Gorgo blickte Arbella die halbwüchsige Feindin an, so daß diese verstummte. Ein einziger Gedanke beherrschte Arbella: allein sein mit ihrem Unglück oder Glück – noch wußte sie nicht, was sie vorfinden werde, sobald der Sturm sich gelegt ...

Sie schlich in den Garten.


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