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Ein schwarzer Schleier hatte sich über ganz Europa herabgesenkt, seitdem der Galanthomme auf Frankreichs Thron, dem die Bartholomäusnacht und fünfzig Mordversuche nichts hatten anhaben können, dem einundfünfzigsten Mordanschlag zum Opfer fiel. Fast mehr noch als seine Freunde hatten seine Feinde Ursache, die Wahnsinnstat des Ravaillac zu verfluchen.

In England war jetzt für die Katholiken eine Zeit schwerer Drangsale angebrochen. Als Siegerin triumphierte bei Hofe die protestantische Partei und nutzte die Attentatsfurcht des Königs für ihre Zwecke aus. Der Fürstenmord hatte James aus seiner Indolenz aufgerüttelt. Im Verlauf der letzten sieben Jahre waren die Schrecken der Pulververschwörung schon halb seinem Gedächtnis entschwunden, er hatte aus Bequemlichkeit aufgehört, Hexen, Ketzern und Papisten das Leben sauer zu machen, war als Jacobus Pacificus bestrebt gewesen, mit den Niederlanden sowohl wie mit dem Hause Habsburg, mit Wittenberg und mit Rom, in Frieden und Freundschaft zu leben, je nach Laune und Bedarf mal mit diesen, mal mit jenen liebäugelnd. Jetzt lavierte er nicht mehr, zum erstenmal in seinem Leben vor die Notwendigkeit gestellt, sich zu entscheiden oder wenigstens die von Robert Cecil getroffenen Entscheidungen gutzuheißen. Diesem war es nicht schwergefallen, den zutiefst Erschrockenen noch mehr zu erschrecken, indem er ihm den Machiavellismus des heiligen Ignatius von Loyola als Popanz an die Wand malte.

Vergessene Gesetze gegen die Katholiken wurden ausgegraben und aufs strengste gehandhabt. Und weil die Strafbegier der fanatisierten Orthodoxen gesättigt sein wollte, wurden auch alte Verordnungen gegen Ketzer, Magier und Hexen hervorgeholt. Was seit lange nicht geschehn war, – es brannten wieder Autodafés im lustigen Altengland. Wie ein Skythenfürst der Vorzeit nahm der verblichene Franzosenkönig Hunderte von Todesopfern mit hinab in die Schattenwelt.

Niedergeschlagen, niedergeschmettert ging Prinz Hal umher, blaßwangig, hohläugig. Eine tiefere Seelenwunde, als irgendeiner in den drei Königreichen, trug er und mußte, wie sehr sie blutete, vor aller Welt verbergen. Ins Grab gesunken mit seinem heimlichen Freund war auch dessen Wunschtraum: la République Chretienne. Zu schweigen genötigt, fühlte Prinz Hal auf seinen knabenhaften Schultern die ganze, erdrückende Last der Schuld, des versuchten Hochverrats, der aussichtslos gewordenen gigantischen Hoffnungen, die wie Eisblöcke nur langsam zerrannen. Er, der sonst in hellblauem Atlas ging, kleidete sich schwarz und kleidete auch seine Seele schwarz.

Nicht eingeweiht, und dennoch vieles ahnend, machte sich Overbury ernstliche Sorgen um ihn. Von der Trauer ihn abzulenken, schlug er ihm einen Besuch bei Sir Walter Raleigh vor.


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