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Drittes Buch

1

Wie der Tod, der große Nivellierer, alle Unterschiede wettmacht, so kann auch die Wut, wenn sie ein ganzes Volk ergreift, zur Gleichmacherin werden. Als im Frühjahr 1612 bekannt wurde, der König habe den jungen Sir Arthur Brett, einen Bruder der Lady Middlesex, erschossen, entsetzten sich alt und jung, hoch und niedrig über die feige und sinnlose Bluttat. Im wohlgeordneten Staatswesen wie in einem Kessel gefangen, kochte die überhitzte Volksseele; und ein Wunder war es, daß nicht jetzt schon des Kessels Wände barsten. Hätte das Parlament getagt – die siedende Empörung hätte ein Ventil gehabt. Doch seit bald zwei Jahren feierte das Parlament, von James in schroffer Weise aufgelöst und nicht wieder einberufen.

Um so unverständlicher war seine Schroffheit gegen das Parlament gewesen, als die Abgeordneten nach siebenjähriger Session sich endlich bereit erklärt hatten, seine hartnäckigen Geldanforderungen zu bewilligen; allerdings gegen Preisgabe eines der Vorrechte der Krone. Es war ein Tauschhandel, der ihm ein jährliches Einkommen von achthunderttausend Rosenobeln (ungefähr vier Millionen Mark) gesichert hätte. Und eigentlich war der Handel bereits abgeschlossen, – nur noch über den Wortlaut des Paktes wurde in Kommissionen beraten. Da aber hielt James – ausgerechnet in diesem kritischen Zeitpunkt – eine seiner großen verhängnisvollen Parlamentsreden, – eine mystische und hochgelehrte Rede, die über das Gottesgnadentum und über die Unantastbarkeit des königlichen Willens den erstaunten Abgeordneten die Augen öffnen sollte. Er erreichte indes nur, daß sie die Ohren verschlossen. Die Arbeit der Kommissionen kam seitdem nicht recht vom Fleck. Und in einem Anfall von Ungeduld jagte James die störrischen Volksvertreter vor Schluß der Session nach Hause.

Um zu Geld zu kommen, um die eigenen Schulden und die Maskenspiele der verschwenderischen Königin bezahlen zu können, verfiel er auf den Ausweg, wohlhabende Bürgerliche zu adeln. Wie ein Schuster für ein paar Stiefel, hatte er für einen Ritterschlag eine Taxe, einen festen Preis. Und er senkte den Preis nie, er ließ sich nichts abhandeln. Im Preise sank nur das alte normannische Blut. Ihn focht das nicht an, – wenn nur das neue Ritterblut ihm die Schatulle füllte ...

Das runde Jahr hindurch befand er sich auf Reisen. In jeder Grafschaft, durch die er kam, hatten die Bauern für seinen und seiner Begleiter Unterhalt aufzukommen. Wie wenn Krieg wäre, plünderten die königlichen Köche und Grooms das Land furagierend aus. Das ungestraft tun zu dürfen, war eines der Vorrechte der Krone.

Und in jeder Grafschaft sandte der König schmeichelhafte Aufforderungen an zahlungsfähige Bürger, sich bei ihm ein vierfeldiges Wappen zu erstehen. Zuweilen schlug er fünfzehn oder auch zwanzig zu Rittern an einem Tag. Mit den Neugeadelten mußte dann diniert werden, Tischreden mußten gehalten, Humpen voll Sekt mußten auf einen Zug geleert werden, – kurz, es war ein ermüdendes Stück Arbeit. Zwischendurch, um sich zu erholen und auszuspannen, ging er auf die Jagd. Seine Leidenschaft war die Falkenjagd.


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