Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

37

Overbury kam oft, den kranken Jugendfreund besuchen; – die ersten Male mit einem gewissen Mißtrauen gegen sich selbst. Unauslöschlich brannte in ihm der Selbstvorwurf, daß er betrunken zur toten Oriana von einer ehrgeizigen Hoffnung gesprochen, – allerdings bloß die Voraussage nachsprechend, die er aus Cecil's Munde vernommen hatte: »Wer das Idol beherrscht, wird den Hof beherrschen ...« Vor der toten Oriana konnte er nicht Abbitte tun, vor sich selbst tat er es um so mehr. Geschworen hatte er sich, die törichte Hoffnung auszumerzen.

Aber schließlich handelte er doch anders. Die alte Bekanntschaft erneuernd, erneuerte er – beinahe gegen seinen Willen – die alte Freundschaft. Und nicht er erbot sich, Car zu leiten, sondern Car richtete an ihn die Bitte, ihm künftig ein Berater zu sein.

Die Befangenheit nach dem ersten Wiedersehn war bald geschwunden. Befürchtet hatte Overbury, einen, trotz glänzendem Firnis, im Herzensgrunde doch schmutzigen Totentänzer zu finden. Statt dessen fand er einen naiven Jüngling, einen treuherzigen Naturburschen. Und der gescheite Overbury ließ sich täuschen. Einst auf der Schulbank hatte er den wunderschönen Knaben Car angeschwärmt, angedichtet. Durch wieviel Pfützen auch der Totentänzer gewatet sein mochte, – der unbeschreibliche Zauber war ihm geblieben.

Wenn er an die ihm fremde Hofwelt dächte, sagte Car zu Overbury – so erfasse ihn ein Schwindelgefühl, als müßte er, ohne Bergsteiger zu sein, zu Gletschern hinaufklimmen. Ein Fehltritt genüge, um abzustürzen, wie Sir Steffen Leybourne abgestürzt war. Darum bitte er Overbury, der so gründlich die Eigenheiten und Gefahren des Hofes kenne, ihm heimlich Winke und Ratschläge zu erteilen.

»Ich will gern dein Bergführer sein,« erwiderte Overbury, »dann mußt du mir aber auch folgen; denn wenn wir uns anseilen, kann leicht einer den andern in die Tiefe reißen ...«

Als Overbury ihn das drittemal besuchte, beklagte sich Car, seit seinem Beinbruch erhalte er von jungen und alten Ladies unausgesetzt Liebesbriefe. Geschickt mit der Feder sei er nie gewesen. Gutmütig ließ sich Overbury an die dreißig Liebesbriefe aushändigen und beantwortete sie in Car's Namen.


 << zurück weiter >>