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Im Tower übernahm James selbst die Führung. Die ganze Nacht über waren bei Fackellicht Estraden für die fürstlichen Gäste erbaut worden, von wo aus sie ungefährdet dem Löwenkampf zuschauen konnten. Noch hämmerten dort die Zimmerleute. Etwas zu früh waren die Boote am Verräter-Tor gelandet. Denn auch die menschlichen Löwen waren noch nicht umgittert und gefahrlos genug. – James wartete auf eine Meldung des Duke of Lenox, den er bei Tagesanbruch vorausgeschickt hatte ... Um Zeit zu gewinnen, beschloß er, mit der Waffensammlung zu beginnen. Die Gäste wie einen Kometenschweif hinter sich herziehend, schritt er durch den St. Thomas-Turm und den Blut-Turm dem Weißen Tower zu, dem ältesten Gebäude der Festung. Hier hatte Richard II. zugunsten Bolinbroke's dem Thron entsagt, hier hatte Richard III. die beiden jugendlichen Prinzen ermordet, hier hatte Anna Boleyn vor ihren Richtern gestanden; und auch Prunkfeste, Maskeraden, Bankette und bacchantische Tänze hatten die düstern Wände dieser zum Kerker gewordenen königlichen Residenz einst gesehn.

Im Erdgeschoß des White Tower befand sich schon damals die große Waffensammlung. Während sich der Kometenschweif zwischen den Ritterrüstungen und ausgestopften Pferden zerstreute, kam Prinz Hal mit Pierre d'Epinoy, einem der Begleiter Joinville's, ins Gespräch. Sie betrachteten Schwertklingen, Florette und Dolche; einige treffende, von Kenntnissen zeugende Bemerkungen Hal's verrieten seine Geistesrichtung, seine brennende Sehnsucht nach Kriegsruhm. Wie ganz anders war er doch als sein Vater, der Rex Pacificus, der von Theologie mehr wußte als von Waffenkunde und Kriegswissenschaft.

»Es wird Sie vielleicht interessieren, Hoheit, einige mailändische und kölnische Klingen zu sehn, die ich in meinem Reisekoffer habe.«

»Oh! und wie sehr, Monsieur.«

»Dann kommen Sie heute nach Tisch in mein Zimmer, das ja eins Ihrer Zimmer ist, Hoheit ... Darf ich Sie aber bitten, heimlich zu kommen. Es ist meiner Landsleute wegen, daß es heimlich geschehen muß. Den Grund werde ich Ihnen nennen, wenn wir allein sind.«

Inzwischen war endlich Lenox im Waffensaal erschienen und meldete dem König leise: die drei Staatsgefangenen hätten die gewünschten Versprechen gegeben.

Nachts waren nämlich James Zweifel gekommen, ob er denn auch wirklich ein Löwenbändiger sei. Von seinem Dünkel plötzlich im Stich gelassen, hatte er seinen alten Oheim Lodowick Stuart, Duke of Lenox, in den Tower vorausgeschickt. Diese Wahl traf er, weil Lenox mit Percy gut stand, aus seiner Verehrung für Raleigh kein Hehl machte und der einzige Mensch in Whitehall war, der eine Beziehung zu Ruthven hatte. Lenox' verstorbene Frau war eine Schwester der vier unglücklichen Brüder Ruthven gewesen.


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