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13

Staunen, Schrecken, Mitleid und Freude stürmten auf Seymour ein. Es verging eine ganze Weile, bevor er sich fassen, bevor er das Unglaubliche fassen konnte ... Arbella, seine leibliche Kusine, in deren Adern – wie in den seinen und denen des Königs – Tudorblut floß; Arbella, deren verwischte Spur zu finden noch keinem Engländer gelungen war, – er hatte sie aufgefunden! Und wo? – in einer Räuberhöhle! Sie, die beweinte, vergötterte, verschollene Arbella! Sie, das verfolgte Kind, dem zuliebe Sir Walter Raleigh im Tower schmachtete und Lord Cobham als Schweinehirt auf der Kate seines einstigen Dieners lebte. Ein Kind war sie in die Vergessenheit hinabgetaucht, eine Jungfrau tauchte sie jetzt wieder aus der Vergessenheit empor. Nicht tot war sie; – schlimmer als tot, wurde sie wie Murdac's weißes Gespenstermädchen täglich getötet, um täglich wieder aufzuleben ...

»Ihr Bruder hat Lady Arbella bedroht. Wenn er zurückkehrt, wird er sie grausam strafen – – –«

»Sie wollen sagen, Sir, Arbella müsse fliehen? Ach, mein Gott, sie hat es schon zweimal versucht; zurückgeholt wurde sie, halbtot geschlagen ... Seitdem sind alle Fenster vergittert.«

»Vielleicht kann ich eins der Gitter zerbrechen?«

»An einem haben die Lady und ich seit Monaten vergebens gefeilt; – mag sein, daß Ihnen es besser gelingen wird. Doch was würde das nützen? Zur Brücke läßt uns das eiserne Tor nicht; und der Teich, der rings das Schloß umgibt, ist nicht zugefroren.«

»Schneit es nicht draußen?«

»Das schon; dennoch ist Tauwetter. Fliehen könnten wir nur, wenn wieder Frost käme.«

»Ihr Bruder wird früher kommen, fürchte ich.«

»Das liegt in Gottes Hand, Sir, und wir können nichts anderes tun als zum Allmächtigen beten, daß er uns recht bald Frostwetter schicke!«

Widerstrebend sah Seymour ein, daß die Frau recht hatte. Freilich die Hände in den Schoß zu legen – (während die Arme für einen Ringkampf mit feindlichen Sternen Kraft in sich spürten) – wurde dem jungen Lord nicht leicht. Um es sich zu erleichtern, um sich auf andere Gedanken zu bringen, bat er Mistris Jessop, ihm von ihrem Bruder und den Ursachen seiner Geistesstörung zu erzählen.


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