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Vier Jahre nach jener Mysteriennacht erstrahlte der Friedenstag der Doppelhochzeit, durch welche James die Todfeindschaft der englischen Häuser Essex und Howard und die der schottischen Moray und Gordon in Freundschaft umwandeln wollte.

Das Lever des Königs hatte eben erst begonnen. Robert Stanshawe, einer der »Diener des Bettgemaches«, half ihm beim Fußwaschen, Bernard Lindsay und andere »Gentlemen of the Bedchamber« standen dienstbereit umher. Auch Southampton, Doncaster und Pembroke hatten sich – in Gala funkelnd – eingefunden. James war in heiterster Laune, – die sich als unverwüstlich erwies, sogar als ihm gemeldet wurde, die Königin wünsche ihn zu besuchen. In Pantoffeln, Schlafrock und Zipfelmütze empfing er sie. Die Nachtmütze war aus braungelbem Samt, mit venezianischen Goldfäden bestickt.

»Du siehst ja sehr vergnügt aus, Jimmy.«

»Kränkt dich das?«

»Auf mich brauchst du heute nicht zu rechnen, Jimmy. Ich habe Kopfweh und lege mich zu Bett.«

»Unsinn! Das ist doch einfach undenkbar, daß du heute fehlst, Ninive!«

(Dieses Wort war eine Entstellung aus Anny – woraus Nanny, dann Ninny und schließlich Ninive geworden war. Alle bedachte er mit Kosenamen – er konnte es nicht lassen.)

»Ob denkbar oder nicht denkbar, ich lege mich zu Bett. Mit der Festfreude ist's ja doch vorbei. Die ist versalzen!«

»Wer hat sie denn versalzen?«

»Wer! Wer hat Lady Penelope Strafe angedroht?«

(Der Essexring war James bereits aus dem Gedächtnis geschwunden; – jetzt fiel's ihm wieder ein, daß er Lady Penelope streng beauftragt hatte, den Ring bis zum Tag der Doppelhochzeit herbeizuschaffen.)

»Hat sie ihn gefunden?«

»Das ist's ja! Sie weint wie eine Regentraufe. Ihre Augen sind so verquollen, daß sie sie nicht öffnen kann. Sie hat keine Stimme mehr. Es ist ausgeschlossen, daß sie in diesem Zustand bei Hymen's Maskenspiel mitwirkt! Nächst mir hat sie die wichtigste Rolle: sie spielt die Vernunft.«

»Könntest du ihr die nicht abnehmen, Ninive?«

»Bitte sehr, das überlasse ich dir! – Im übrigen weißt du, daß ich solche Späße nicht liebe!«

»Ach, Ninive, heute habe ich statt der Krone die Nachtmütze auf dem Kopfe und soviel Freude im Kopfe ... Ich will mir den schönen Tag nicht verleiden lassen.«

»Das steht bei dir! ... Vernunft annehmen könntest auch du mal!«

»Ich möchte ja gern, Ninive! Zeige mir nur, wie!«

»Morgen reist Essex nach Italien; – wenn er zurückkehrt, wird es zeitig genug sein, den Ring an Frances zu geben ... Oder willst du, daß Penelope sich ein Leid antut?«

»Das traue ich eher Ben Jonson zu, wenn sie heute abend keine Stimme hat wie eine geborstene Flöte ... Ach, und Lady Bedford würde Ben Jonson's Tod nicht überleben. Und der junge Heydon würde Lady Bedford stracks ins Grab nachfolgen. Und eine von Heydon's Anbeterinnen ihm ... Es wäre zu viel der Tragik, Ninive, wir müssen's hindern. Also meinetwegen, ich bin einverstanden! ... Du warst wieder einmal stärker als ich, Ninive, – wie immer, wenn ich nicht die Krone trage – –«

»Nur dann, Jimmy?«

»Wie meinst du das?«

»Auch wenn du die Krone trägst, trägst du die Nachtmütze auf dem Kopfe, Jimmy!«

Das Waschgeschirr klirrte, als sie jugendhaft davonlief.


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