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26

Nach der Aufführung und dem Abendessen wurde den Gästen ein Schauspiel ganz anderer Art geboten: eine Seeschlacht auf der Themse und die Eroberung einer Wasserburg inmitten des Flusses. Kanonendonner schwoll an, wurde ohrenbetäubend, brach nicht ab. Feuerkünste, ein unerschöpflicher Meteorregen platzender Raketen und Leuchtkugeln, weißten den Nachthimmel und bleichten den phantastischen Kampf der Galeassen.

In den Vorgarten zwischen der Themse und dem Hauptportal – dort wo einst Overbury die Meermaid hatte tanzen sehn – strömte aus dem Schloß die schaulüsterne Hofgesellschaft. Der Bann der Etikette war gebrochen. Für Hal wäre es ein leichtes gewesen, sich unauffällig neben Arbella zu stellen, die – ein wenig abseits – an die Uferbrüstung gelehnt mit ihrer Freundin Penelope plauderte. Doch er verzieh ihr nicht, daß sie seinen Blick gemieden hatte. War sie launisch, wie er vermeinte, so wollte er ihr zeigen, daß auch er launisch sein könne. Er stellte sich neben Don Fernando Gyrone und begann ein nicht endendes Gespräch. Seinem Lande nützte er ja, wenn er den Spanier versöhnte ...

Suffolk's jüngste Tochter, die kleine Lady Catherine Howard, kam auf Lady Penelope zu und meldete: Ihre Majestät habe nach ihr gefragt. Penelope entfernte sich dienstbeflissen.

Den freigewordenen Platz an der Brüstung nahm nun Lady Catherine ein. Sie fühlte sich verpflichtet, Arbella zu unterhalten und mit melancholischem Augenaufschlag ihr unerbetene Lehren zu erteilen, wie sie es seinerzeit als Zwölfjährige in Ambergate Park getan hatte. Vierzehnjährig jetzt, war sie zu ihrem Leidwesen noch immer nicht verheiratet. So wie damals beschattete ein pilzähnlicher riesiger Straußenfederhut ihre schwarzen Ringellocken. Sie begann:

»Bezaubernd spielten Sie, Lady Arbella! Verliebt hätte ich mich unbedingt und hoffnungslos, wenn ich ein Mann wäre!«

»Wenn Sie einer wären, so wären Sie ein kleiner Mann, Lady Catherine.«

»Es ist ein Jammer um Ihre Schönheit, Lady Arbella. Was fangen Sie damit an?«

»Was fangen Sie mit Ihren fünfzig Papageien an und mit den Gespenstern von Glamis Castle?«

»Oh! – ich hege und pflege und füttere sie täglich!«

»Wollte ich meine Schönheit füttern, so würde sie dick.«

»Meine Papageien bleiben schlank. Auch meine Gespenster!«

»Das gehört sich für Gespenster. Füttern Sie also auch die? Und womit, wenn ich fragen darf? Sind Gespenster sehr hungrig?«

»Gewiß, – wolfshungrig! ... Und wissen Sie, was die behaupten?«

»Wer? Die in Glamis?«

»Ja, die! Arbella Stuart, behaupten sie, wird in der Themse enden – oder – – –«

»In der Themse?«

»Es kann auch ein kalter, tiefer Teich sein.«

»Oder? ... oder was? ...«

»Oder sie lernt verzichten.«

»Worauf? Auf witzige Gespräche?«

»Nein, auf Mutterglück und Gattenglück.«

»Das sagen nicht die Gespenster von Glamis, – das sagt Ihre Schwester Lady Essex! Und Sie, kleine Lady, sind einer der fünfzig Papageien, die es nachplappern!«

»Sie irren, edle Lady. Ich selbst habe doch meine Augen. Ich sehe doch, daß Prinz Hal seit einer Stunde mit dem spanischen Gesandten spricht. Wissen Sie worüber?«

»Über den Elefanten. Worüber sonst?«

»O nein, – über die Infanta! (– Es reimt sich fast! –) Falls Sie es noch nicht erfahren haben, will ich es Ihnen verraten: Prinz Hal heiratet die Infanta!«

»Ich dachte die Tochter des Kaisers von China!«

»Lachen Sie nur! ... Was ich weiß, weiß ich!«

»Von wem?«

»Erstens von meinem Freund, Prinz Charles. Und der hat es von seiner Mutter. Die sagt ihm alles.«

»Merkwürdig! – den verschlossenen Knaben haben Sie aufgeschlossen? Mit welchem Schlüssel?«

»Hier –: mit diesem roten Mund! Für einen Kuß hat er mir das Geheimnis verkauft ... Und zweitens erfuhr ich es von meinem Vater.«

»Und auch der Lordkanzler von England hat Ihnen das Geheimnis für einen Kuß verkauft? Am Ende gar auch Prinz Hal?«

»Mir tut Ihr Lachen leid, Lady Arbella. Sie täten besser, nicht so zu lachen ... Sie glauben ja gar nicht, wie Prinz Hal sich zu verstellen versteht. Sein Bild hat er der Infanta geschickt und schon drei glühende Liebesbriefe!«

»Wohl wahr: ich glaube es ja gar nicht! Ich glaube nicht den Gespenstern von Glamis! ...«


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