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Als die Putzmacherin zur Tür hinausschwebte, sah ihr Car mit verliebten Äuglein nach und warf ihr Kußhände zu. Naiv, naturburschenhaft und unterwürfig (– wie stets, wenn er mit Overbury sprach – ) bemerkte er:

»Ein himmlisches Wesen! Ein Engelsangesicht! Ich bin ein Engelanbeter, Thomas!«

»Es gibt schlimme Engel, lieber Freund.«

»Nenne mich meinetwegen einen Mädchenjäger, – aber wenn du wüßtest, wie sie zu küssen versteht ...! Du warst wirklich nicht nett zu ihr, mein guter Thomas. Was hat sie dir getan?«

»Mir? – Nichts ... Warum besucht sie dich?«

»Weil sie von mir nicht lassen kann, die Ärmste. Weil ich ihrem Helways ein Geweih aufgesetzt habe ... Das sollte dich doch eigentlich freuen, Thomas.«

»Es ängstigt mich deinethalb ... Höre mich mal an, Robert. Du hast mich gebeten, dein Bergführer zu sein. Du hast versprochen, dich von mir leiten zu lassen und blindes Vertrauen zu mir zu haben.«

»Jawohl, mein edler Schutzgeist ... Aber hast du denn Vertrauen zu mir? Obgleich sie dich bat, wolltest du in meiner Gegenwart nicht sagen, was es mit dem Grab auf sich hat.«

»Das böse Gewissen dieser Frau aufzuwühlen, so wie ich es vorhabe, werde ich nur imstande sein, sobald ich allein mit ihr bin ... Übrigens begreife ich sehr wohl, daß du Vertrauen gegen Vertrauen eintauschen willst. Du hast recht: sollst du mir folgen, so darf ich vor dir keine Geheimnisse haben ...«

»Habe also keine, Thomas, – wie ich ja auch keine vor dir habe. Was ist es mit dem Grabe? Und was sagtest du von Sir Arthur Brett, der nicht weit davon liegt? ... Das alles habe ich nicht verstanden.«

»Mistris Turner hat es verstanden ... Sir Arthur Brett starb einen blutigen Tod.«

»Ja, und – – –?«

»Ich bin einem Verbrechen auf der Spur, Robert. Und weil ich dein Freund bin, wünsche ich, daß du künftighin keine Mörderhände mehr küßt.«

»Allmächtiger Gott! Mir läuft's kalt über den Rücken ... Aber das ist doch unmöglich ... Ist Ann Turner nicht viel zu schön, eine Mörderin zu sein, Thomas?«

»Noch weiß ich nicht, ob sie Mörderin ist oder bloß Hehlerin. Aber auch als Hehlerin hätte sie Blut an den Händen.«

Und Overbury erzählte Car sein Erlebnis auf dem St. Paul's Friedhofe und zeigte ihm den Nagel, den er aus Master Turner's Totenschädel herausgezogen hatte. Dann fragte er:

»Wie lange wohntest du im Apothekerhaus?«

»Drei Wochen.«

»Wie lebt Mistris Turner mit Helways?«

»Ich hatte den Eindruck, daß Helways sie fürchtet.«

»Und ich hatte oft den Eindruck, daß Northampton Helways fürchtet ... Wenn du meinem Rat folgen willst, Robert, so ziehe dich auch von Northampton zurück.«

»Dem guten Alten verdanke ich mein Glück, Thomas.«

»Pembroke's Freunden in Baynard's Castle ebensosehr. Und vor allem dem toten Lord Cecil. Die Spur, der ich nachgehe, führt vielleicht nicht bloß zu Mistris Turner und Helways ... Der Nagel könnte ein Nagel zum Sarg der Howards werden ... Ich möchte verhindern, daß du in deren Sturz verwickelt wirst.«

»Hältst du es denn für denkbar, daß der alte Earl ...?«

»Gedanken haben nicht Schranken ... Ich habe mir erzählen lassen, daß der Apotheker Turner, – an den der Earl die Geliebte verheiratet hatte, – nach der Hochzeit den Herrn herauskehrte und seine Frau zwang, die frühere Beziehung abzubrechen. Als trotzdem Northampton Mistris Turner besuchte, kam es zu einem wilden Auftritt. Der Apotheker wies den Earl aus seinem Haus, verbot ihm sein Haus, verjagte ihn mit Schimpf und Schande ...«

»Ich bewundere deinen Scharfsinn und noch mehr deinen Mut, Thomas. Du willst nach einem Rattenkönig greifen. Zum Glück ist ja Prinz Hal dein Freund, – sonst würde ich um dich zittern.«


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