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Da James es nicht tat, fragte Prinz Hal den Lieutenant (d. i. Vogt) des Tower's Sir William Waad, ob ein Arzt zur Hand sei. Er erhielt den Bescheid: zufällig sei Dr. Campion – der Dichter und Arzt – in den Gemächern Lord Percy's, wo er dessen Tochter Lucy Gesangunterricht erteile. Es wurde nach Dr. Campion geschickt.

Inzwischen hatte einer, ein einziger, den Mut gehabt, dem Bewußtlosen beizustehen, seinen Kopf zu stützen. Das war David Moray. Ein ungnädiger Blick des Königs war sein Lohn. Der Blick eines Flüchtenden; – denn eilig floh James die Stätte menschlichen Elends und begab sich zum zweiten Löwenkäfig, seinen Kometenschweif hinter sich herziehend.

Nur Hal und Moray blieben beim Kranken. Nach einer Weile erwachte er und sah wirr um sich. Moray erblickend erglänzten seine Augen.

»David?! ... Träume ich? ... Du?! ...«

»Ja, ich, Geoffrey! ... Du erkennst mich wieder?«

»Ein Freund, wie du einer warst, ist schwer zu vergessen, David! Doch das war vordem! ... in einem andern Leben, auf einem andern Stern ... Wer ist das?«

»Seine Hoheit, Prinz Hal ... Auch er meint es gut mit dir!«

»Zu spät! Zu spät! ... Ich will nicht Mitleid, nicht Liebe, nicht Freundschaft, auch Rache will ich nicht mehr, – ich will nur noch Schlaf! ... Wie gräßlich ist es zu leben! ... Gott meint es nicht gut mit mir, sonst hätte er mich nicht erwachen lassen ...«

Die Augenlider fielen ihm zu. Schlief er? Hal und Moray hoben ihn sachte auf und legten ihn auf sein Bett.

Auf Hal's Frage, woher er Geoffrey kenne, begann Moray von seiner in Stirling Castle gemeinsam mit Geoffrey und Patrick Ruthven verlebten Kindheit zu sprechen ... Er wurde unterbrochen, da Lord Arundel die Meldung überbrachte, Seine Majestät habe schon mehrmals nach Prinz Hal gefragt ...

Nun war Moray allein beim Kranken. Der schlug die Augen auf und faßte erregt Moray's beide Hände.

»Gleich kommt Campion ... Höre schnell! Erfülle meinen letzten Wunsch!«

»Ich verspreche dir's, Geoffrey. Was soll ich tun?«

»Rette den Prinzen! Ich wußte nicht, daß er gut ist ... Bei Gott, ich wußte es nicht!«

»Wovor retten?«

»Vor Patrick ... Ich erhielt Nachricht von Patrick und kenne seine Pläne ... Er will uns Ruthvens am König rächen, indem er den Prinzen verdirbt.«

»Wie will er ihn verderben?«

»Er will ihm das von seinem Vater sagen ...«

»Himmel! ... Das darf nicht geschehn, Geoffrey!«

»Hindere es! Zeige Patrick dies kleine Goldkreuz unserer Mutter, – sage ihm, es sei der Wille seines sterbenden Bruders!«

»Wie finde ich Patrick?«

»Er war in Amerika, doch jetzt ist er zurückgekehrt. Wo er wohnt, weiß ich nicht. Er nennt sich Dr. Forman. Frage nach Rosenkreuzern, frage nach Mistris Turner – – –«

Dr. Campion trat ins Zimmer, und Geoffrey verstummte.


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