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28

Erst nach einer ganzen Weile – (sonst wäre es auffallend gewesen) – ging Hal ihr nach. Er fand sie auf dem Rande eines Marmorbeckens sitzend. Sie blickte hinab; – wie fragend, ihr Geschick befragend, blickte sie hinab in den Wasserspiegel des Beckens, wo einträchtig mit einem verschlafenen, regungslosen Goldfisch matte Abbilder der Sterne schimmerten.

Zwei durchsichtige Schatten standen hinter ihr und schauten ihr über die Schulter. Der Schatten Seymour's; und der Schatten Elinor's, die, vor Jahren, mit einer italienischen Halbmaske verlarvt, den auf dem Rand des Marmorbeckens sinnenden Jüngling angeredet und geküßt hatte. Doch weder Arbella noch Hal erblickten die beiden Schattengestalten, denn sie wußten nichts von den Küssen des blauen Eisvogels Alkyone ...

Als Hal herangekommen war, hob Arbella den Kopf nicht und fuhr fort, in das himmelspiegelnde Wasser hinabzublicken. Verdrossen setzte er sich neben sie.

»Trinken Sie Liebe aus einem Brunnen, Harpy? – wohl gar Liebe zu William Seymour?«

»Sehr wahr, mein Lord –: Liebe zu meinem Gatten. Ich habe mir das Gift der Seele geheilt.«

»Lehren Sie mich das Rezept, Harpy! Wie gesundet eine kranke Seele?«

»Nichts leichter als das! ... Den Kopf eines Frosches verbrannte ich, um dem Mond zu räuchern; neun schwarze Haare aus einem Katzenschwanz warf ich hinter mich ... Wollen Sie es mir nachmachen?«

»Womit habe ich Sie gekränkt, Harpy? Um mir weh zu tun, gaben Sie Lady Essex die tolle Antwort! Das war ja hirnverbrannt!«

»Nicht wahr? Vor allen den illustren Personen! ... Doch ich tat es weder um Ihnen, mein Lord, noch um mir selbst weh zu tun. Ich sprach die ungeschminkte harte Wahrheit. Die Augen sind mir aufgegangen: endlich weiß ich, was not tut.«

»Was?«

»Daß wir Abschied nehmen für immer! ... Wir lieben uns nicht mehr, mein Lord! ... Nein, gottlob, wir haben uns nie geliebt!«

»Wir, Harpy? Ich bin nicht mit einem Katzenschwanz zu heilen wie du! Ich brenne, ich verbrenne – du siehst doch! ...«

»Ach gütiger Gott! wie bald ist das gelöscht! Werfen Sie die lodernde Gier ins Wasserbecken, wie ich es tat, mein edler Lord!«

»Warum tun Sie mir das an, Harpy? Warum verlachen Sie mich mit so traurigen Augen?«

»Weil ich ein kleines Kindlein haben will. Das können Sie mir nicht schenken!«

»Harpy!!?«

»Der Infanta werden Sie es schenken.«

»Der Infanta? ... Welch ein Wahnsinn!«

»Warum verschwiegen Sie es mir? Hätte ich denn abgeraten?«

»Wovon abgeraten?«

»Sie heiraten die Infanta!«

»Eher des Teufels Großmutter! ... Wer hat das ausgeheckt? Lady Essex? ... Und darum wichen Sie heute meinen Blicken aus?«

»Blicke sind Lügner. Meine Augen sind erzhalunkenhafte Gauner. Wenn Sie selbst, mein Lord, sich nicht schützen, muß ich Sie vor den schwermütigen Halunken schützen.«

»Glaubst du wirklich, mich heilen zu können, Samariterin? Ich bin krank vor Liebe, Arbella: eine Fee hat mich angehaucht, – du warst die grausame Fee! Wenn ich deinen Atem nicht atme, ist mir das Leben nicht lebenswert!«

»Da, mein Lord, – schauen Sie sich das Fischlein auf dem Wassergrunde an: auch ohne Spielgefährtin atmet es und das Leben ist ihm lebenswert ... Möge Gott mir das Unrecht verzeihn, das ich an dir beging, Hal, als ich traumbefangen süßen Worten lauschte und deinen Ungestüm nicht in die Schranken wies! Ein Traum war es; – nun sind wir erwacht und wissen beide: der Traum ist aus!«

Die Ellenbogen auf die Knie gestützt, bedeckte sich Hal mit den Fäusten die Augen. Während ihn der Schmerz übermannte, erhob sie sich leise, legte die Hand auf das Haar des Schluchzenden und schlich sich weg.

Als Hal die Tränen getrocknet hatte, war Arbella im nachtschwarzen Park entschwunden.

Ein Rosenblatt flatterte auf den Wasserspiegel und der Goldfisch – bislang so still und regungslos – schoß verstört hierhin und dorthin im Becken umher.


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