Christoph Martin Wieland
Aristipp
Christoph Martin Wieland

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C.

Cekropier, ein Beynahme der Athener, von Cekrops, dem ersten Stifter der Stadt Athen, welche Anfangs nach ihm Cekropia genannt wurde.

Cestus hieß bey den Römern eine Art von Fechthandschuh aus dicken rindsledernen Riemen um den Arm und die Faust gewunden, (auch wohl mit Bley gefüttert,) womit die Faustkämpfer (Pykten) ihre Hände bewaffneten. Die Griechen nannten dieß χειρες ωπλισμεναι, ohne einen besondern Nahmen für den Cestus zu haben.

Chiron, der Erzieher des Achilles und verschiedener andrer Göttersöhne aus der heroischen Zeit; vermuthlich ein nach damahliger Art gelehrter Thessalier von demjenigen Stamme, der den Nahmen der Centauren führte, aus welchen die spätere Mythologie (von der bildenden Kunst unterstützt und vielleicht veranlaßt) eine Art von Ungeheuer, welche halb Mensch halb Pferd gewesen seyn sollten, gemacht hat. Wie Diodor die Geschichte dieser Centauren berichtigt, ist aus dem vierten Buche seines historischen Werks zu ersehen.

Cynosarges, eine Gegend nahe bey Athen, mit einem Tempel des Herkules, einem dazu gehörigen Hain, einem Gymnasion u. s. w. Antisthenes, der Stifter der sogenannten Cynischen Sekte der Sokratiker, pflegte sich meistens hier aufzuhalten, und erhielt vermuthlich daher seinen Beynahmen.

D.

Dämonism, Glaube an gute und böse Dämone,

Dariken, eine unter dem König Darius zuerst geprägte persische Goldmünze, ungefähr vier Thaler sechs oder acht Groschen unsers Geldes werth.

Deisidämonie, abergläubische Dämonenfurcht.

Δευτεραι φροντιδες (σοφωτεραι) die zweyten Gedanken (d. i. diejenigen, die aus Überlegung entspringen) sind die weiseren. Ein nicht immer wahres Sprichwort.

Dionysien, gewisse dem Dionysos oder Bacchus gefeyerte Festtage zu Athen und andrer Orten.

Drachmen, eine Silbermünze, an Werth ungefähr einem Kopfstücke von zwanzig Kreuzern gleich, deren hundert eine Mine ausmachten.

E.

Elafebolion, der neunte Monat der Athener, dessen erstes Drittel in unsern März, und der Rest in unsern April fällt.

Epopten hießen diejenigen, die nach gehöriger Vorbereitung zum Anschauen der großen Mysterien zugelassen worden.

Erotik, die Wissenschaft der Liebe (bis jetzt noch nicht aufs reine gebracht).

Eryx, ein gewaltiger Sicilischer Faustkämpfer (pyktes) der heroischen Zeit, welcher zuletzt, von Herkules überwältigt, dem Berge Eryx in Sicilien, wo er begraben wurde, den Nahmen gab.

Eudämonie. Dieses Wort wird gewöhnlich für gleichbedeutend mit dem deutschen Glückseligkeit genommen; bezeichnet aber eigentlich, seiner Abstammung nach, den Zustand eines Menschen, der von einem guten Genius regiert und begünstigt wird, und ist daher vorzüglich tauglich, um die aus der Herrschaft der Vernunft und des Gewissens, als des Göttlichen (Dämonischen) im Menschen, entspringende innere Ruhe und Selbstzufriedenheit anzudeuten.

Euryprokten, Ευρυπρωκτος ist ein schmähliches Beywort, womit Aristofanes in seinen Wolken die sämmtlichen Athener beschmutzt, und welches ich unter die unübersetzlichen gezählt hätte, wenn die Lexikografen in diesem Stücke die Maxime der Cyniker, naturalia non sunt turpia, nicht so weit ausdehnten, daß sogar der berühmte Professor Schneider in Frankfurt kein Bedenken getragen hat, es in seinem trefflichen Griechischdeutschen Wörterbuch mit der möglichsten Treue und Energie durch das neugestempelte Wort Weitarsch in unsre (ihrer Züchtigkeit wegen mit Recht gepriesene) Sprache einzuführen.

F.

Fantasmen, Erscheinungen einer allzuthätigen erhitzten oder überspannten Fantasie.

Frontisten, übertrieben subtile und pedantische Grübler, wahrscheinlich ein von Aristofanes in den Wolken zuerst in diesem Sinne gebrauchtes Wort.

G.

Gynäceon, das Frauengemach, der Harem bey den Türken, Persern u. s. w.

Gynäkomanie, wörtlich Weibertollheit, ist ein so unartiges Wort, und bezeichnet etwas so widerliches, daß man es nur auf Griechisch sagen sollte.

Gynäkonomen, obrigkeitliche Personen zu Athen, denen die Polizey des weiblichen Theils der Einwohner dieser großen Stadt anbefohlen war.

H.

Halcyonisch. Die Heckzeit des Eisvogels (Halcyon) fällt in die Zeit der Winter-Sonnenwende, um welche die Luft gewöhnlich sehr heiter und das Meer von stürmischen Winden frey ist. Die Griechen pflegten daher diese und überhaupt alle ihnen ähnliche Tage halcyonische zu nennen.

Helia hieß ein öffentliches Gebäude zu Athen, wo das höchste Gericht über Staatshändel und Staatsverbrechen, gewöhnlich aus 500, in wichtigen Angelegenheiten aus 1000, 1500 bis 2000, auch wohl aus noch mehr tausend Bürgern bestehend, seine Sitzungen hielt. Diese Richter hießen daher Heliasten. Sie wurden jedesmahl ad hoc erwählt, und ihre Anzahl hing von dem Gutbefinden der sechs untersten Archonten ab.

Helios, der Sonnengott, in so fern er von Apollo unterschieden wird.

Heroen, Göttersöhne von sterblichen Weibern. Alle alten Familien unter den Griechen leiteten ihr Geschlecht von irgend einem dieser zahlreichen Halbgötter ab.

Hieroskopie, die Kunst und das Geschäft derjenigen Art von Wahrsagern, die nach sorgfältiger Beschauung der Eingeweide eines Opferthiers aus gewissen Beschaffenheiten derselben den glücklichen oder unglücklichen Erfolg eines Unternehmens vorhersagten.

Hippodrom, die Rennbahn, wo öffentliches Pferd- und Wagenrennen gehalten wurde.

Hippokleides. Ein vornehmer Athener dieses Nahmens bewarb sich, zugleich mit Megakles, Alkmäons Sohn von Athen und vielen andern ansehnlichen Freyern, um Agarista, die Tochter des Klisthenes, Tyrannen von Sicyon. Der Vater wußte sich nicht besser zu helfen, als daß er seine Tochter demjenigen zusagte, der bey einem angestellten großen Gastmahl die vorzüglichsten Talente beweisen würde. Hippokleides trieb bey diesem Wettstreit seinen Eifer so weit, daß er, um eine Kunst, worin es ihm keiner seiner Mitwerber nachthun könnte, zu zeigen, auf dem Kopfe zu tanzen anfing. Das dünkte dem alten Herren gar zu arg. Du hast dich um meine Tochter getanzt, sagte er zu dem jungen Springinsfeld; ich gebe sie dem Sohne Alkmäons. Das läßt Hippokleides sich nicht kümmern, erwiederte dieser, und man fand die Antwort so merkwürdig, daß sie zu einem der gemeinsten Sprüchwörter ward.

Horkios, ein Beynahme Jupiters, in so fern der Eidschwur unter seiner besondern Aufsicht und Rüge stand.

Hygron, (το υγρον του βλεμματος) ein gewisser feuchter Glanz des Auges, worin der Blick gleichsam zu schwimmen scheint; Petrons oculorum mobilis petulantia und die oculi udi et tremuli der Fotis in Apulejus goldenem Esel bezeichnen ohne Zweifel dieses hygron, welches Anakreon (Od. 28.) zu einem Karakter der Augen der Venus macht, und der Bildhauer Praxiteles an seiner Knidischen Venus sogar im Marmor anzudeuten wußte, wenn Lucian (Imagin. c. 6.) nicht mehr zu sehen glaubte als er wirklich sah; wiewohl auch dieß schon dem Künstler Ehre machen würde.

Hypochondrien, die im Unterleibe enthaltenen Eingeweide, wo nach der Meinung der Platoniker und anderer der thierische Theil der menschlichen Seele seinen Sitz hatte.


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