Christoph Martin Wieland
Aristipp
Christoph Martin Wieland

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XXXI.
Aristipp an Lais.

Ich rathe dir, schönste und mächtigste der Erdentöchter, opfre der Ate unverzüglich das kostbarste was du – entbehren kannst; denn du bist zu glücklich, als daß deine Freunde deinetwegen ruhig seyn dürften. Nicht, als ob du es für deinen Werth je zu viel seyn könntest: sondern weil es (wie man sagt) neidische Mächte giebt, welche nicht wollen, daß die Götter alle Schätze ihres Füllhorns so verschwenderisch auf ein einziges sterbliches Wesen herabschütten.

Arasambes ist, nach allem was mir Kleonidas von ihm meldet, deiner würdig, und, nach allem was du selbst anzudeuten scheinst, dem Glücke nah von Dir dafür erkannt zu werden. Deine Weisheit wird dich in dem goldnen Strom, worin du schwimmst, vor Übermuth bewahren; deine Edelmüthigkeit wird in einem weiten Kreise Glückseligkeit um dich her verbreiten; und die Klugheit, die ich dir wünsche, wird den Gedanken an die Zukunft und die ungewisse Flüchtigkeit des Gegenwärtigen nie ganz aus deiner Seele schwinden lassen. Auch erinnerst du dich, wie ich sicher hoffe, mitten unter den glänzenden und rauschenden Freuden, die dich täglich umschwärmen werden, zuweilen eines Freundes, der in seiner Art vielleicht doch einzig ist, und den du immer da, wo du ihn ließest, wieder finden sollst. Denn weder Ort noch Zeit werden je die Gesinnungen schwächen, die dein erster Anblick in ihm anfachte und eine Folge freudebringender Horen, im trauten Umgang unsrer verschwisterten Seelen, zur Reife brachte. Sollte auch eine Zeit kommen, die ihm jeden andern Genuß entzöge, so wird die bloße Erinnerung an Ägina, Korinth und Milet ihm Ersatz für alles seyn, und, so lang' er weiß daß du glücklich bist, ihn gegen alles, was seine Ruhe von außen bestürmen könnte, gleichgültig machen.


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