Christoph Martin Wieland
Aristipp
Christoph Martin Wieland

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XIV.
An Ebendenselben.

Diesen Morgen zog mich, ich weiß nicht was – oder vielmehr, ich wußte sehr wohl was – in das anmuthige Platanenwäldchen, das die Grenze zwischen dem Landgute meines Wirths und den Gärten der schönen Lais zieht. Es stände jetzt nur bey mir, lieber Kleonidas, dir weiß zu machen, daß ich so gut wie mein alter Sokrates einen kleinen Dämon in meinen Diensten habe, und das noch dazu mit dem Vorzuge, daß der meinige, anstatt mich (wie der Sokratische) bloß abzumahnen, wenn ich etwas nicht thun soll, mir z. B. ganz vernehmlich zuflüsterte: Wenn du in das Platanenwäldchen gingest, würdest du einer schönen Nymfe begegnen, die vermuthlich so wenig vor dir davon liefe als du vor ihr. Ich will aber ehrlich mit dir verfahren, und nicht mehr aus mir machen als sich gebührt; und so kannst du dir die Sache, wenn du willst, ganz natürlich vorstellen. In beiden Fällen wird das nehmliche herauskommen. Denn kurz und gut, als ich auf meinem Spaziergange an die Gartenhecke unsrer Nachbarin kam, sah ich sie durch eine halb offne Thür, in einem zierlichen Morgenanzug, beschäftigt einige so eben aufbrechende Rosen im Gebüsch abzuschneiden, und dazu eines von Anakreons Liedern auf die Rose halb zu singen, halb zu summsen, wie man zu singen pflegt, wenn man nur sich selbst zum Zuhörer hat. Sie erblickte mich sogleich, indem ich mit der dreisten Schüchternheit, die mir (wie die Mädchen sagen) so wohl ansteht – vermuthlich weil etwas Kunst dabey ist – gleichsam ungewiß, ob ich es wagen dürfe weiter zu gehen, in der Thür stehen blieb. Sie kam mir einige Schritte entgegen. Du scheinst, fiel sie mir ins Wort, da ich eine Entschuldigung zu stottern anfing, mit einer Gabe zu glücklichen Würfen geboren zu seyn, Aristipp. Wer hätte gedacht, daß wir uns in weniger als drey Jahren zu Ägina wiedersehen würden? – Und das in einem so reitzend aufblühenden Rosengebüsche, setzte dein Freund hinzu. – »Glaubst du auch an Vorbedeutungen?« – Wenn sie meinen Wünschen entgegen kommen, ja. – »Da du dich nun einmahl (versetzte sie lächelnd) eben so unschuldig, wie ich glauben will, als ehmahls zu Korinth, in mein Gebiet verirrt hast, würde mirs übel ziemen, dich unbewirthet zu entlassen. Ich will das Frühstück in die Myrtenlaube dort bringen lassen, und wir setzen uns zusammen und schwatzen die Morgenstunden vorbey, wenn du nichts angenehmeres zu versäumen hast.

Meine Antwort kannst du leicht errathen, Kleonidas; aber was du vielleicht nicht errathen hättest, war, daß es unvermerkt Mittag und Abend ward, ohne daß wir eher ans Abschiednehmen dachten, bis uns die untergehende Sonne daran erinnerte. Das Benehmen meiner schönen Wirthin war munter, offen, und absichtlos, immer anständig und edel, ohne Ziererey und Ansprüche, und doch zugleich so traulich, als ob wir nicht anders als Freunde seyn könnten. Mit Einem Worte, du kannst dir nichts liebenswürdigeres denken als sie, und keinen glücklichern Sterblichen als mich, der, im Genuß des Gegenwärtigen gänzlich befriedigt, keinen Augenblick Zeit hatte zu denken, daß noch viel zu wünschen übrig sey, und (was dir vielleicht unglaublich scheinen mag) auch nicht durch die leiseste Begierde daran erinnert wurde. Dieß ist, denke ich, die natürliche Wirkung der vollkommenen Schönheit, wenigstens auf einen Menschen meiner Sinnesart; und hätten die Grazien nicht so viel Reitz und Anmuthendes über alles was sie sagt und thut, bis auf die leiseste Bewegung der Falten an ihrem Gewand, ausgegossen, ich glaube ich könnte Jahre lang täglich um Lais gewesen seyn, ohne jemahls aus dem süßen Schlummer, worin ihr Anschauen meine Sinne ließ, aufzuwachen. Seltsam wirst du sagen; aber so ists! Oder vielmehr, so war und blieb es – rathe wie lange? – Beym Poseidon! Vier ganzer Sommertage lang; und ohne einen zufälligen Umstand, der dir die Sache zu gehöriger Zeit begreiflich machen wird, dürften es vielleicht, Amor und Afrodite verzeihen mirs! eben so viele Wochen oder Monate gewesen seyn.

Daß neu angehende Freunde, wovon der eine aus Cyrene und der andere aus der Pelopsinsel kommt, einander ihre Geschichte erzählen, versteht sich von selbst. Die meinige war bald abgethan, wiewohl Lais nicht glauben wollte, daß ich noch so sehr Neuling sey, als ich, mit völliger Wahrheit wie dir bekannt ist, zu seyn vorgab, oder vielmehr mit Bescheidenheit andeutete. Die ihrige war indessen nicht viel reicher an Abenteuern; und da du das Beste an ihrer Erzählung, den Zauberklang ihrer Stimme und den Geist ihrer Augen entbehren mußt, so will ich sie so kurz als möglich zusammen fassen.

Lais wurde zu Hykkara in Sicilien geboren. Sie erinnerte sich, daß sie in einem großen Hause auferzogen wurde, und daß ihr zwey Sklavinnen zu ihrer Besorgung zugegeben waren. Sie war ungefähr sieben Jahr alt, als sie das Unglück hatte, (ich nenn' es Glück, und du wirst mirs nicht verdenken) bey Eroberung und Zerstörung ihrer Vaterstadt durch den bekannten Athenischen Feldherrn Nikias, vermöge des barbarischen Rechts des Sieges, das unter unsern Völkern zu ihrer Schande noch immer gilt, in die Sklaverey zu gerathen, und mit andern Kindern ihres Alters an den Meistbietenden verkauft zu werden. Leontides, ein reicher Korinthischer Eupatride, kaufte sie, und bezahlte sie beynahe so theuer, als ein marmornes Mädchen von einem Polyklet oder Alkamenes. Dieser Leontides war immer ein großer Liebhaber aller schönen Dinge gewesen; und wiewohl er im Dienste der Pafischen Göttin bereits grau zu werden begann, oder vielmehr eben deswegen, kam er auf den Gedanken, sich an der kleinen Laidion Trost und Zeitvertreib für seine alten Tage zu erziehen. Er ließ ihr also Unterricht in allen Musenkünsten und überhaupt eine so liberale Erziehung geben, als ob sie seine Tochter gewesen wäre, ergetzte sich in der Stille an ihren schnellen Fortschritten, und belohnte sich selbst zu rechter Zeit für alles, was er auf sie gewandt hatte, so gut als Gicht, Podagra und Hüftweh es erlauben wollten. Dagegen betrug auch sie sich so gefällig und dankbar gegen ihn, und leistete ihm die Dienste einer Krankenwärterin etliche Jahre lang mit so viel Sorgfalt, Geschicklichkeit und gutem Willen, daß er ihr seine Erkenntlichkeit nicht stark genug beweisen zu können glaubte. Sie lebte in seinem Hause als ob sie seine Gemahlin wäre, schaltete nach Belieben über sein Vermögen, und durfte sich der Freyheit, die er ihr geschenkt hatte, um so unbeschränkter bedienen, da er Ursache zu haben glaubte, sich auf ihre Klugheit und Bescheidenheit zu verlassen. In dieser Lage befand sie sich, als ich, durch den bewußten Zufall, eine Art von Aktäon (wiewohl mit besserm Glück) bey ihr zu spielen berufen wurde; und der plötzliche Einfall, sich auf Unkosten eines zudringlichen Unbekannten eine kleine Lust zu machen, wobey sie selbst nichts zu wagen sicher war, hätte einer lebhaften jungen Sicilianerin, welche die schönste Blumenzeit ihres Lebens einem abgelebten gichtbrüchigen Liebhaber aufzuopfern sich gefallen ließ, von meinem runzligen Freunde Antisthenes selbst nicht übel gedeutet werden können. Bald nach dieser Begebenheit starb der alte Leontides, und hinterließ seiner schönen Wärterin die Freyheit zu leben wie und wo sie wollte, nebst einer beträchtlichen Summe an baarem Gelde und dem zierlichen Landsitz zu Ägina, der zwar von keinem großen Ertrag, aber durch seine reitzende Lage und die Schönheit der Gebäude und Gärten beynahe so einzig in seiner Art ist, als seine Besitzerin in der ihrigen.

Die schöne Wittwe des Korinthischen Eupatriden befindet sich nun, wie du siehest, in einer Lage, die derjenigen ziemlich ähnlich ist, in welche Prodikus seinen jungen Herkules auf dem Scheidewege setzt. Zwey Lebenswege liegen vor ihr, zwischen welchen sie, wie sie selbst glaubt, wählen muß. Soll sie, kann sie, bey diesem lebhaften Bewußtseyn einer Schönheit und einer Zaubermacht, die ihr, so bald sie will, alle Herzen und alle Begierden unterwirft, bey solchen Talenten und einem Triebe zur Unabhängigkeit, dessen ganze Stärke sie in ihrer vorigen Lage kennen zu lernen Gelegenheit hatte, sich entschließen, mit Aufopferung ihrer Freyheit und ihres ganzen Selbst an einen Einzigen, das ist, mit Gefahr einer ewigen Reue, sich in die venerable Gilde der Matronen einzukaufen? – oder soll sie, mit Verzicht auf diesen ehrenvollen Titel, sich auf immer der reitzenden Freyheit versichern, nach ihrem eignen Gefallen glücklich zu seyn, und glücklich zu machen wen sie will.

Es müßte einem Paar hochweiser Zottelbärte komisch genug vorgekommen seyn, wenn sie, hinter unsrer Myrtenlaube verborgen, eine junge Dame wie Lais, und einen schwarzlockigen wohlgenährten Filosofen von zwey und zwanzig Jahren, mit einer zwischen Pythagorischer Sofrosyne, Sokratischer Ironie, und Aristofanischer Leichfertigkeit leise hin und her schwebenden Miene, in der ernstlichsten Konferenz über diese Frage hätten behorchen können. Nichts müßte ihnen lustiger vorgekommen seyn, als das anscheinende Vertrauen der jungen Schönen zu der Weisheit eines beynahe eben so jungen Freundes, dessen eigenes Interesse bey der Sache stark genug in die Augen fiel, um ihr seinen Rath auf jeden Fall verdächtig zu machen.

Das Wahrste bey dieser Berathschlagung war indessen, daß die schöne Lais recht gut wußte, wozu sie sich bereits entschlossen hatte. Vermuthlich war es ihr mehr darum zu thun, mir ihre eigene Art über diese Dinge zu denken mitzutheilen, als sich in der Meinung, daß ich sie nicht anders als billigen könne, zu bestärken. Dieß glaubte ich in ihren Augen zu lesen, da sie, nachdem sie das Problem besagter Maßen gestellt hatte, sich auf einmahl mit der treuherzigen Frage an mich wandte: Was räthst du mir nun, Aristipp? – Sage mir deine Meinung ohne Zurückhaltung, und, wenn du die Forderung nicht unbillig findest, so unbefangen, als ob du der Mann im Monde wärest, und einer Bewohnerin des Hesperus rathen solltest.

Was du von mir verlangst, schöne Lais, (antwortete ich ihr) ist eben nicht ganz so leicht als du zu glauben scheinst. Indessen wär' es mir wenig rühmlich, wenn ich schon zwey Jahre um den Weisesten aller Menschen (mit der Delfischen Priesterin zu reden) gewesen wäre, und nicht wenigstens eine Hand voll brauchbarer Maximen auf die Seite gebracht hätte, womit ich mir und andern bey Gelegenheit aushelfen könnte. Eine dieser Maximen ist, wenn ich um Rath gefragt werde, immer zu rathen was mir wirklich für die fragende Person das Beste scheint; aber zugleich ehrlich zu gestehen, daß, wofern ich selbst auf irgend eine Art dabey betroffen bin, immer auch, mit oder ohne klares Bewußtseyn, einige Rücksicht auf meine eigene Wenigkeit dabey genommen wird. So würde ich, z. B. wenn ich dächte, daß eine geheime Vorliebe zu dem ehrsamen Matronenstande in deinem schönen Busen schlummre, und ich selbst etwa der Glückliche sey, mit dem du deine Freyheit in die Schanze zu schlagen Lust hättest, nicht umhin können dich vor mir zu warnen, weil in diesem Falle zehen gegen Eins zu wetten wäre, daß es uns beide gereuen würde, mich dir gerathen, dich mir gefolgt zu haben. Eine andre meiner Lebensmaximen ist, meine Handlungen so wenig als möglich von den Meinungen andrer Leute abhangen zu lassen. Ich müßte mich sehr irren, wenn diese Regel nicht auch für dich gemacht wäre. Endlich ist auch bey mir festgesetzt, daß die Person den Stand, nicht der Stand die Person adeln muß. Ich sehe keine Unmöglichkeit, warum ein junges Frauenzimmer von deinen seltenen Vorzügen, in der unabhängigen Lage, worein dich dein alter Patron gesetzt hat, unter dem Schutz der Grazien nicht so viel Freyheit, als ihr selbst zuträglich ist, mit einem gehörigen Betragen, dem die Welt ihren Beyfall nie versagt, sollte vereinigen können. Mein Rath, schöne Freundin, wäre also – mit mehr oder weniger Rücksicht auf meine Maximen, wenn du willst, zu thun was dir dein Herz und deine Klugheit eingeben.

Ich bin mit deinem Rath vollkommen zufrieden, weiser Aristipp, versetzte sie mit einem Lächeln, wie die Augen der Liebesgöttin lächeln mögen, wenn ihr Blick von ungefähr in einen Spiegel fällt. Höre mich also an, mein Freund; denn ich will mich dir so unzurückhaltend erklären, wie Personen meines Geschlechts kaum mit sich selbst zu reden pflegen. Ich habe noch so wenig Gelegenheit gehabt die Stärke oder Schwäche meines Herzens aus Erfahrung kennen zu lernen, daß es Vermessenheit wäre, wenn ich, wie der Sohn der Amazone beym Euripides,Der Sohn der Amazone. Hippolytus, einigen unsrer Leser aus dem Euripides, andern aus der Phedre des J. Racine oder aus seinem Nachbilde Silvio im Pastor Fido des Guarini bekannt. Amorn und seiner Mutter Trotz bieten wollte. So weit ich mich indessen kenne, scheint es nicht als ob die Leidenschaft, die der besagte Dichter an seiner Fädra so unübertrefflich schildert, jemahls mehr Gewalt über mich erhalten werde, als ich ihr freywillig einzuräumen für gut finde; und ich wünsche vor jeder andern Thorheit so sicher zu seyn, als vor dem lyrischen Einfall, aus Liebe zu irgend einem Faon der schönen Saffo den Sprung vom Leukadischen Felsen nachzuthun. Bey allem dem gestehe ich gern, daß ich den Umgang mit Männern eben so sehr liebe, als mir die Unterhaltung mit den Griechischen Frauen vom gewöhnlichen Schlage unerträglich ist. Du weißt vermuthlich, wie wenig bey der Erziehung der Griechischen Töchter in Betrachtung kommt, daß sie auch eine Seele haben, und daß die Seele kein Geschlecht hat. Sie werden erzogen um so bald als möglich Ehefrauen zu werden; und der Grieche verlangt von seiner ehelichen Bettgenossin nicht mehr Geist, Talente und Kenntnisse, als sie nöthig hat, um (wo möglich) schöne Kinder zu gebären, ihre Mägde in der Zucht zu halten, und die Geschäfte des Spinnrockens und Webstuhls zu besorgen. Ist sie überdieß sanft, keusch und eingezogen, trägt sie wie die Schnecke ihr Gynäceon immer auf dem Rücken, und verlangt von keinem andern Manne gesehen zu werden als von ihm, läßt sich an und von ihm alles gefallen, und glaubt in Demuth, daß es keinen schönern, klügern und bravern Mann in der Welt gebe als den ihrigen: so dankt er den Göttern, die ihn mit einem so frommen tugendsamen Weibe beschenkt haben, ist höchlich zufrieden, und hat wahrlich Ursache es zu seyn. Vor der langen Weile, die ihm eine so fromme und tugendreiche Hausfrau machen könnte, weiß er sich schon zu verwahren. Er sieht sie so wenig als möglich: und verlangt er einen angenehmern weiblichen Umgang, so hält er sich irgend eine liebenswürdige Gesellschafterin auf seinen eigenen Leib, oder bringt von Zeit zu Zeit einen Abend mit seinen Freunden in Gesellschaft von Hetären zu. Und wie könnt' es anders seyn, da unsre ehrbaren Frauen, von aller männlichen Gesellschaft zeitlebens ausgeschlossen und auf den Umgang mit ihren Mägden, Schwestern, Basen und Nachbarinnen eingeschränkt, aller Gelegenheit sich zu entwickeln, und die Eigenschaften, wodurch man gefällt und interessant wird, zu erwerben schlechterdings beraubt sind? – Was bleibt also einer jungen Person meines Geschlechts, wenn sie mit der Gabe zu gefallen und einem Geiste, der sich nicht in den engen Raum eines Frauengemachs einzwängen lassen will, von Mutter Natur ausgestattet worden ist, was bleibt ihr anders übrig, als entweder sich selbst und das ganze Glück ihres Lebens der leidigen Landessitte aufzuopfern; oder die Freyheit mit allen Arten gebildeter und liebenswürdiger Männer Umgang zu haben, (als das einzige Mittel wie sie selbst entwickelt und gebildet werden kann) dadurch zu erkaufen, daß sie sich gefallen läßt – zu einer Klasse gerechnet zu werden, die der weise Solon zwar durch einen schonenden Nahmen gewisser Maßen zu Ehren gezogen hat, die aber doch sowohl durch ihre Bestimmung als den Karakter und die Sitten des größten Theils ihrer Mitglieder von einem unheilbaren Vorurtheil gedrückt wird, und mit einem Flecken behaftet ist, den alle Vorzüge einer Korinna, Saffo und Aspasia nicht auszulöschen vermögen. Oder könntest du mir einen andern Weg, dem gemeinen Schicksal der frommen und tugendhaften Frauen und – der tödlichen Langeweile ihres Umgangs zu entgehen, zeigen, Aristipp?

ICH. Wo wolltest du einen Gemahl finden, der dich für das unendliche Opfer, das du ihm bringen müßtest, entschädigen könnte, wenn er auch wollte, und von dem du gewiß wärest, er werde es immer wollen?

SIE. Wenigstens wirst du mir zugeben, daß ich einiges Recht hätte, auch von ihm ein größeres Gegenopfer zu verlangen, als er mir vermuthlich zu bringen geneigt wäre. Und gesetzt er wär' es, glaubst du wohl, selbst ein Gott und eine Göttin könnten, von jeder andern Gesellschaft entfernt, einander lange Alles seyn? Ich wenigstens bin mir meines Unvermögens, eine solche Zweysiedlerey in die Länge auszuhalten, vollkommen bewußt. Gute Gesellschaft, oder was in Griechenland wenigstens eben so viel ist, Männergesellschaft, ist für mich ein unentbehrliches Bedürfniß. Ich habe zu wohl erfahren, was es ist, mit einem einzigen Manne und mit lauter Weibern zu leben, um das Experiment zum zweyten Mahle zu machen! – Es ist also fest beschlossen, Aristipp, ich werde meine Freyheit behalten, und mein Haus wird allen offen stehen, die durch persönliche Eigenschaften oder Talente berechtigt sind eine gute Aufnahme zu erwarten.

ICH. Gegen diesen heroischen Entschluß kann niemand weniger einzuwenden haben als ich. Aber – freylich wirst du – wie du selbst sagtest – in der Welt –


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