Christoph Martin Wieland
Aristipp
Christoph Martin Wieland

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XLVI.
An Kleonidas.

Nach Vollendung meines großen Kreislaufs durch alle Hellenischen Kolonien in Asien, habe ich noch einige Monate zugebracht, die südliche Küste von Thrazien und Macedonien, und die Landschaft Thessalien und Focis zu besuchen, und befinde mich jetzt, bis meine künftige Wohnung in Athen eingerichtet ist, bey einem Freunde zu Tanagra. Ich habe, wie Odysseus, auf meiner langen Wanderschaft vieler Menschen Städte und Sinnesart kennen gelernt; auch hat es mir, wie dem herrlichen Dulder, nicht an mancherley fröhlichen und unfröhlichen Abenteuern gefehlt, die uns dereinst, wenn uns eine freundliche Gottheit wieder in Cyrene vereiniget, reichen Stoff zu kurzweiligen Unterhaltungen geben sollen. Nur das Neueste, was mir in Thessalien aufstieß, schickt sich, denke ich, besser für eine schriftliche Erzählung, zumahl da ich den Kopf noch so voll davon habe, daß ich für nöthig halte mich dessen zu entladen, bevor ich nach Athen zurück kehre, wo es nicht rathsam wäre viel davon zu sprechen. Um keine täuschenden Erwartungen bey dir zu erregen, schreite ich ohne weitere Vorrede zur Sache.

Nachdem ich mich zu Potidäa über den Thermaischen Meerbusen an die Thessalische Küste hatte übersetzen lassen, war mein erstes, das berühmte Tempe zu besuchen, wovon ich, seit ich unter den Griechen lebe, so oft mit Entzücken reden gehört hatte. Denn ein Grieche, der Olympia und Delfi nicht gesehen, und sich nicht wenigstens Einmahl in seinem Leben in Tempe erlustiget hätte, würde an einem sehr unglücklichen Tage geboren zu seyn glauben. Dieses Thal, das sich einige Stunden von Larissa zwischen dem Olympus und Ossa in sanften Krümmungen bis an die See hinzieht, ist in der That vielleicht der reitzendste Winkel des ganzen Erdbodens. Es würde der fruchtbarsten Fantasie eines Mahlers oder Dichters schwer werden, mehr Schönheit und Anmuth mit größrer Abwechslung und Mannigfaltigkeit in einen engern Raum zusammen zu zaubern und mit dem Erhabensten und Grauenvollsten in einen anmuthendern Kontrast zu setzen, als hier ohne alle Nachhülfe der Kunst (wie es scheint) Natur und Zufall allein bewerkstelligst haben. Ich brachte zwey der angenehmsten Tage meines Lebens in diesem oberirdischen Elysium zu, und zum höchsten Lebensgenuß fehlte mir nichts, als die heilige Trias meiner Geliebtesten, Lais, Kleonidas und Musarion. Ich vermißte euch um so viel stärker, weil sichs zufälliger Weise traf, daß ich (was hier selten begegnet) diese zwey Tage über der einzige fremde Bewohner von Tempe war.

Ungetheiltes, allein genoßnes Vergnügen, wie ungemein es auch sey, verliert gar bald seinen süßesten Reitz, und eine geheime Unruhe, deren Ursache wir uns nicht immer bewußt sind, treibt uns zu neuen Gegenständen. Am dritten Morgen kam mich die Lust an, den benachbarten Ossa zu besteigen, theils um meine Augen an den herrlichen Aussichten zu weiden, die er über die umliegenden Thäler, Hügel und Landschaften, und über den Thermaischen Meerbusen bis an die Küste von Pallene hin, gewährt, theils in Hoffnung einige mir noch unbekannte Arten von Steinen und Pflanzen auf diesem wilden Gebirge aufzufinden. Ich ließ meinen alten Xanthias mit einem jungen Sklaven bey den Maulthieren im Thal zurück, bestieg einen Gipfel des Berges nach dem andern, und fand überall so viel zu sehen und zu sammeln, daß die Sonne sich unvermerkt zum Untergang neigte, bevor ich gewahr wurde, daß keine Hoffnung übrig sey, die Herberge wieder zu erreichen, wo ich meine Leute gelassen hatte. Schon fing ich an, unter den häufigen Schluchten und Klüften, wovon dieses durch mächtige Erderschütterungen zerrißne Gebirg allenthalben voll ist, mich nach irgend einer Höhle zum Nachtlager umzusehen, als ich, beym Umwenden um die scharfe Ecke eines struppigen Felsen, im Eingang einer durch Menschenhände (wie es schien) bewohnbar gemachten Höhle, einen Mann sitzen sah, der Anfangs über meinen Anblick noch mehr als ich über den seinigen betroffen schien, aber (da er keine Ursache sah mir Arges zuzutrauen) sich schnell genug faßte, um einige Schritte auf mich zuzugehen. Es war ein langer hagerer Mann, dem Ansehen nach nicht viel über Sechzig; noch fest und lebhaft, von viel sagender Gesichtsbildung, aber finsterm Blick unter einer Stirn, durch welche schmerzliche Erfahrungen tiefe Furchen gezogen zu haben schienen. Ich näherte mich ihm mit Zuversicht und Ehrerbietung, eröffnete ihm mein Anliegen, und erkundigte mich, ob nicht irgend eine Herberge im Gebirge anzutreffen sey, die ich vor Einbruch der Nacht noch erreichen könnte. Du scheinst ein Arzt zu seyn, und dich im Botanisieren so tief in diese Wildniß gewagt zu haben, versetzte der Alte. Er schloß dieß vermuthlich aus einem ziemlichen Bund Kräuter und Blumen, den ich unter dem Arme trug. Ich antwortete: ich wäre zwar kein Arzt, als etwa in Nothfällen, wo jeder Mensch so viel wissen sollte, um sich selbst und andern einige Hülfe schaffen zu können; aber ich studierte die Natur, und versäumte selten eine Gelegenheit, meine Kenntniß von den Pflanzen und ihren Eigenschaften und Kräften zu erweitern. Wenn dieß ist, erwiederte er mit zusehends sich erheiternder Miene, so kannst du dich auch wohl eine Nacht bey einem Manne behelfen, der dir nichts als das Unentbehrlichste anbieten kann, zumahl da du es in diesem Gebirge nirgends besser finden würdest; auch wär' es schon zu spät, um dich auf dem Pfade nicht zu verirren, der nach den nächsten Hirtenwohnungen führt. Da ich sein Anerbieten mit Dank und Freude annahm, schlug er mit seinem Stab an eine kleine Glocke, und eine reinlich gekleidete Sklavin von mittlerem Alter und guter Gestalt kam aus dem Innern der Höhle hervor, und entfernte sich wieder, sobald er ihr etliche leise Worte gesagt hatte. Bald darauf führte er mich durch einen ziemlich dunkeln krummen Gang, von ungefähr zwanzig Schritten, in einen geräumigen gewölbten Sahl, der gegen einen großen, unregelmäßigen, und ringsum von schroffen Felsen eingeschloßnen Garten offen war. Hier setzten wir uns zwischen zwey ziemlich roh gearbeiteten Säulen nieder, das Gesicht gegen den Garten gekehrt, den ich mit fruchtbaren Bäumen und mancherley eßbaren Gewächsen und Kräutern bepflanzt, und dem Ansehen nach, gut gewartet sah. Mein Alter ward zusehends immer heitrer, sprach aber wenig, meistens nur in Fragen, auf deren Beantwortung er mir seine Zufriedenheit mit Kopfnicken oder einzelnen Sylben zu erkennen gab. Ungefähr nach einer Stunde rüstete die Sklavin einen kleinen Tisch, und setzte uns eine Schüssel gekochtes Ziegenfleisch, mit feinen Wurzeln und Kräutern wohlschmeckend zubereitet, und zum Nachtisch trockne Feigen, eine leichte Art von Kuchen, und einen Krug des besten Weins von Thasos vor. Meine Eßlust vergnügte meinen alten Wirth, wie es schien, nicht weniger als mein übriges Wesen und Benehmen; und nachdem er den dritten Becher auf unsre neue Bekanntschaft geleert hatte, ward er selbst gesprächiger, und sagte traulich mir die Hand schüttelnd: »Wundre dich nicht, Fremdling, daß du mich so wenig reden hörst. Ich war nicht immer so wortarm; aber seit zwanzig Jahren bist du, außer einem alten Freunde, der mich immer zur Zeit der Pythischen Spiele zu besuchen pflegt, und der Thrazierin, die für meine Bedürfnisse sorgt, das einzige menschliche Wesen, mit dem ich mehr als ein paar einsylbige Worte gewechselt habe. Du siehst, daß dieß der gerade Weg ist, das Reden zu verlernen, wenn man auch der redseligste aller Athener gewesen wäre. Wohl möchte mirs übrigens bekommen seyn, wenn ich mich immer mit Ja und Nein zu behelfen gewußt hätte. Denn daß du mich hier siehest, kommt allein daher, daß ich ehmahls meiner Zunge mehr Freyheit ließ als einem klugen Manne ziemt.«

Du kannst dir leicht vorstellen, Kleonidas, daß ich meinen Wirth nach dieser Rede schärfer als zuvor ins Auge Faßte. Du wohnst schon zwanzig Jahre hier? fragte ich. – Nicht völlig so viel, aber vorher lebte ich einige Zeit auf dem Landgute eines Freundes so sorgfältig versteckt, daß ich außer ihm selbst keine Seele zu Gesichte bekam.« Das muß eine schlimme Rasse von Menschen seyn, vor welchen ein Mann wie du sich so verstecken muß, sagte ich. – Ich sehe daß du mich näher kennen möchtest, erwiederte er. Wenn deine Neugier nicht schwächer ist als meine Neigung mich dir zu entdecken, so bleibst du ein paar Tage bey mir, um mich wieder reden zu lehren, und du sollst allerley erfahren, das vielleicht dieses Opfers werth ist.

Mein Wirth kam durch diese Einladung einem Wunsch entgegen, den ich nicht gewagt hätte laut werden zu lassen. Wir redeten nun von andern Dingen, und wiewohl er sich noch immer sehr lakonisch ausdrückte, so verrieth doch das Wenige, was er sagte, einen Mann von freyem Geist, vieler Erfahrenheit und ausgebreiteter Menschenkunde. Als die Zeit zum Schlafengehen gekommen war, führte er mich in eine kleine, mit Binsenmatten behangene und belegte Schlafkammer, und ließ mich allein. Hier konnt' ich mich der Thorheit nicht erwehren, hin und her zu sinnen, wer der sonderbare Alte seyn könne, mit dem ich auf dem Ossa so unvermuthet in Bekanntschaft gerathen war; aber alles Nachsinnen war umsonst. Ich ergab mich also in die Nothwendigkeit meine Neugier bis Morgen einzuschläfern, und sie schlief so gut, daß die Sonne schon über der Spitze des Athos schwebte, als ich in dem Sahl erschien, wo mir mein Alter, in einen langen Pelz gehüllt, so munter entgegen kam, daß ich erröthete, mich in einer Tugend, die meinen Jahren besser ziemte als den seinigen, von ihm übertroffen zu sehen. Er führte mich sogleich in den Garten, wo ein sanfter, wiewohl etwas scharfer Morgenwind die Luft mit dem lieblichen Athem der Kräuter und Blumen durchwürzte. Ich habe, fing er an, mehr als die Hälfte meines Lebens mit Beobachtung aller Arten von Menschen zugebracht, und besitze einige Fertigkeit in der Kunst das Innere einer Person aus ihrer Gesichtsbildung und Miene zu errathen. Deine Fysionomie hat dir mein Zutrauen auf den ersten Blick erworben; ich wünsche von dir gekannt zu seyn, und überlasse mich ohne Bedenken dem Vergnügen, nach einer so langen unfreywilligen Verborgenheit einen Menschen gefunden zu haben, dem ich mich aufschließen darf. Ich bin kein Menschenhasser, wie du aus meiner seltsamen Lebensweise vermuthen mußt; im Gegentheil, daß ich es zu gut mit den Menschen meinte, ist mein Unglück gewesen. Sie haben mich ausgestoßen, verbannt, einen Preis auf meinen Kopf gesetzt, und bloß um kein Schlachtopfer ihrer Wuth zu werden, hab' ich mich in eine Höhle des Ossa verbergen müssen. – Du wunderst dich was ich verbrochen haben könne, um die Menschen, mit denen ich einst lebte, so heftig gegen mich aufzubringen? Ich wollte sie weiser machen als sie ertragen können. – Bey diesen Worten hielt er inne und seine Stirn verfinsterte sich einige Augenblicke so sehr, daß ich Bedenken trug, ihm zu zeigen, wie sehr er durch diese Worte meine Neugier gespannt hatte.

Wir waren indessen unvermerkt auf eine Anhöhe gekommen, die, in einem Kreise von ungefähr drey hundert Schritten, mit einer dreyfachen Reihe von Pappeln, und zwischen den Bäumen mit hölzernen Schnitzbildern besetzt war. Aber was für Bildern! Nie ist mir etwas auffallenders in meinem Leben vorgekommen, als diese in ihrer Art gewiß einzige Bildergalerie; man müßte sie aber selbst gesehen haben, um sich die Wirkung vorzustellen, die der Überblick des Ganzen auf einen keines Argen sich vorsehenden Anschauer macht. Doch, du bist ein Künstler, mein Kleonidas, und deine Fantasie wird ohnehin das Beste bey meiner Beschreibung thun müssen. Bilde dir also ein, du sehest alle Götter der Griechen, vom Zeus Olympius bis zum bocksfüßigen Pan, und von der weißarmigen Herrscherin Here bis zu den schlangenhaarigen Erinnyen, einzeln und gruppenweise, unter Beybehaltung einer gewissen Ähnlichkeit mit ihren gewöhnlichen Darstellungen, in die pöbelhaftesten Mißgestalten travestiert, aber mit einer so komischen Laune in der Art der Ausführung, daß es mir bey ihrem Anblick eben so unmöglich war, mich des Lachens als des Unwillens zu erwehren. So zeigten sich (um dir nur etliche Beyspiele zu geben) Jupiter auf der einen Seite, wie er, in Gestalt eines erboßten vierschrötigen Sackträgers, im Begriff ist, seine ehliche Widerbellerin mit einem Amboß an jedem Fuß in die Luft herabzuhängen; auf der andern, wie er sich auf dem Gipfel des Ida von der listigen Matrone, im Kostum einer nächtlichen Gassenschwärmerin, zu einer Thorheit verführen läßt, für welche die armen Trojaner übel büßen werden. Du kennst die sonderbare Art, wie Homer seinen unbefangenen und von der Zaubergewalt des Gürtels der Venus unwissend überwältigten Zeus der schönen Dame die Wirkung, die sie auf ihn macht, zu erkennen geben läßt: aber von der energischen Art, wie dieser in einen brünstigen Centaur übersetzte Jupiter sein Anliegen vorträgt, hat eine so wohlgeordnete Einbildung wie die deinige keine Ahnung. In dieser Manier kommt nun die ganze Göttersippschaft an den Reihen. Hier sind Pallas Athene und der hinkende Hefästos, dieser in Gestalt eines alten Kesselflickers, jene im Karakter einer derben Marketenderin, in dem zweydeutigen Kampfe, dem der drachenfüßige Erichthonius entsprang, begriffen; dort tanzt Cytherea, als eine halbtrunkne Austernymfe, mit einem bengelhaften Adonis den leichtfertigsten Kordax, der je getanzt worden ist, und Foibos Apollo, als blinder Leiermann mit den neun Schwestern als musikmachende Bettlerinnen, arbeiten aus allen Kräften auf der Leier, dem Triangel, der Schellentrommel und dem Dudelsack dazu. In zwiefacher Trunkenheit taumelt Bacchus in die plumpen Arme einer weinseligen Ariadne; Merkur zieht dem Plutus mit der behendesten Gewandtheit einen Beutel aus dem Busen, Apollo dem Satyr Marsyas das zottelige Fell über die Ohren. Über sie alle erhebt sich der langöhrige Schutzgott von Lampsakus, und scheint als der wahre Götterkönig mit gewaltigem Zepter über den Olympus zu herrschen. Vorzüglich nimmt sich ein Jupiter in einer grotesken Gestalt aus, woran nichts als der Kopf sein eigen, alles übrige hingegen aus den verschiedenen Thieren, in welche ihn seine Gynäkomanie verwandelte, aus Stier, Adler, Bock, Schwan, Schlange, Wachtel und Ameise seltsam genug zusammengesetzt ist. Das große Kunstwerk aber, worin der Meister sich selbst übertroffen hat, ist die Darstellung der berühmten Scene aus dem Gesang des blinden Demodokos in der Odyssee, wo der ehrliche Vulkan, nachdem er seine Gemahlin mit ihrem Liebhaber Ares in einem unsichtbaren und unzerreißlichen Netze gefangen hat, alle Götter zusammenruft, um Zeugen seines lächerlichen Unglücks zu seyn. Kurz, weiter kann weder die Kunst der Karikatur, noch der Muthwille und die Verachtung der Homerischen Götter getrieben werden, als in dieser großen Komposizion von Gruppen, die den innersten Zirkel des grünen Amfitheaters einnimmt. Der Alte, der mich von einer Figur zur andern herumführte, ergetzte sich, wie es schien, stillschweigend an meiner Verlegenheit, und an dem Sardonischen Lachen, welches mir seine zur niedrigsten Menschenklasse herabgesetzten Götter wider Willen abnöthigten. Was denkst du, sprach er endlich mit einem selbstzufriednen Blick, zu der guten Gesellschaft, die ich mir in meiner Einsamkeit zu verschaffen gewußt habe?

ICH. Ich denke, wie du wohl zu dieser guten Gesellschaft gekommen seyn kannst; denn unter den Bildschnitzern, die ich kenne, (und ich kenne ungefähr alle, die in einigem Rufe stehen) wüßte ich keinen, den ich für den Schöpfer dieser sonderbaren Kunstwerke halten könnte.

ER. Das will ich wohl glauben.

ICH. Gleichwohl kann sie kein Stümper gemacht haben. Sie sind zwar größtentheils etwas roh, und mit einer gewissen Nachlässigkeit gearbeitet, auch hat ein Karikaturenschnitzer den Vortheil, sich viele Willkührlichkeiten erlauben zu dürfen; indessen bleibt die Natur doch immer seine Regel; auch die überladensten Zerrbilder müssen eine aus Harmonie mit sich selbst entspringende Wahrheit haben; und da bey ihnen alles auf eine starke und geistvolle Bezeichnung des Karakteristischen in ziemlich willkührlichen Formen ankommt, so erfordern sie vielleicht mehr Genialität und eine noch keckere Hand, als Werke, die nach einem bestimmten Kanon der schönsten Formen gearbeitet sind. Und hierin scheinen mir diese hier alles zu übertreffen, was ich jemahls in ihrer Art gesehen habe.

ER. Es ist mir also gelungen. Denn alle diese närrischen Unkepunze (μορμολυκεια) sind meine eigene Arbeit, und ihnen hab' ich es zu danken, daß mir die lange Zeit, die ich hier gelebt habe, und mit der ich sonst nichts anzufangen wußte, ziemlich kurz geworden ist. Denn du begreifst leicht, daß ich fleißig seyn mußte, um in achtzehn Jahren damit fertig zu werden. Ich hatte von Kindheit an viel Geschick für diese Art von Bildnerey; und das Mechanische, welches dazu erfordert wird, lernte ich in meiner Jugend von einem ziemlich mittelmäßigen Xyloglyfen in meiner Vaterstadt.

ICH. Aber was haben dir die Götter gethan, das dich reitzen konnte, eine so unbarmherzige Rache an ihnen zu nehmen?


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