Christoph Martin Wieland
Aristipp
Christoph Martin Wieland

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Erklärendes Verzeichniß

der in diesen Briefen vorkommenden

Griechischen Wörter
und Nahmen,

welche nicht als allgemein bekannt
vorauszusetzen sind.

A.

Achämeniden, Abkömmlinge des Achämenes. So nennen die Griechischen Geschichtschreiber eine Dynastie der Könige von Persien, deren Stifter Achämenes (nach Freret) ungefähr 800 Jahre vor unsrer gemeinen Zeitrechnung gelebt haben soll. Seine Abkömmlinge theilten sich in zwey Linien, wovon die ältere von Achämenes bis auf Cambyses, den Sohn des großen Cyrus, dauerte, und die jüngere, von Darius Hystaspes Sohn angefangene, mit Darius Kodoman ein Ende nahm. Arasambes wird also (als ein vorausgesetzter Sohn einer Schwester des Darius Nothus) von Lais scherzweise (II.29.) ein Achämenide genannt.

Achelous, ein Flußgott, (oder wie Homer ihn nennt, König der Wasser) Sohn des Oceans und der Thetys, und Vater der Sirenen; bekannt durch seinen Zweykampf mit Herkules um die schöne Deianira, der von Sofokles in den Trachinerinnen und von Ovid im neunten Buche der Verwandlungen geschildert wird.

Adamantene (unbezwingbare) Ketten, (II.27.) sind nicht diamantene, sondern stählerne Ketten. Der Diamant war zu Aristipps Zeiten den Griechen noch unbekannt, und erhielt erst viel später, seiner Härte wegen, den Nahmen adamas.

Adrasteia, ein Beynahme der Göttin Nemesis, deren Amt war, alle aus Stolz und Übermuth begangene Frevel zu rächen, und deren Ungnade man sich also, nach dem gemeinen Glauben, durch Ungenügsamkeit und allzu üppige Wünsche zuzog.

Aerobat, (Luftwandler) ein Übernahme, welchen Aristofanes in seinen Wolken denjenigen anhängt, die sich ihrer spitzfindigen windigen Grübeleyen wegen für weiser als andere dünken. Daß es nach einem Paar Jahrtausenden Aerobaten im eigentlichen Wortverstande geben würde, ließ sich damahls niemand träumen.

Afyen, der gemeinen Meinung nach eine Art von sehr kleinen Sardellen, die in großer Menge an der Attischen Küste gefangen wurden, und zu den gewöhnlichsten Nahrungsmitteln der ärmern Volksklasse in Athen gehörten. Weil sie sehr klein und zart waren, sagte man im Sprüchwort: die Afyen brauchen das Feuer nur zu sehen, um gekocht zu seyn.

Anädeia, (die Schamlosigkeit) eine Göttin oder weiblicher Dämon, der die Athener auf Anrathen des Epimenides einen Tempel erbauten. (Cicero de Legg. II.11.)

Anadyomene, (die Auftauchende) ein Beynahme der aus dem Wasser steigenden Afrodite. Eines der schönsten Gemählde des Apelles war unter diesem Nahmen bekannt.

Antagonist, Gegner, Gegenkämpfer, im Ringen, Fechten oder andern Zweykämpfen zu Schimpf und Ernst.

Anthesterion, der achte Monat des Attischen Jahres, wovon ein Drittel mit unserm Februar, und zwey Drittel mit unserm März zusammentreffen.

Anthropodämon, scheint ein von Aristipp erfundenes Wort zu seyn, um damit diejenige energische Eigenschaft der menschlichen Natur zu bezeichnen, wodurch sie, vermöge einer innern Nothwendigkeit, ewig der höchsten Vollkommenheit entgegen strebt, ohne sie gleichwohl jemahls zu erreichen.

Aöde, (αοιδος, Sänger) ein zu Homers Zeiten gewöhnlicher Nahme der Dichter, weil sie ihre eigenen Gesänge zur Forminx (einer Art von Cither) absangen.

Ate, eine den bösen Feen in den Mährchen der Dame Daulnoy ähnliche Göttin, die nicht leiden konnte, wenn es einem Menschen gar zu wohl ging. Hesiodus macht sie zu einer Tochter der Nacht, Homer aber zu einer Tochter Jupiters, in der sonderbaren Stelle des neunzehnten Gesangs der Ilias, wo Agamemnon die Schuld seiner dem Sohne der Thetis zugefügten Beleidigung auf die Ate schiebt, und bey dieser Gelegenheit ihre ganze Legende (wie er sie vermuthlich ehemahls von seiner Amme erzählen gehört hatte) den versammelten Fürsten der Griechen vorträgt.

Athleten, hießen mit einem gemeinsamen Nahmen alle Wettkämpfer, welche bey öffentlichen Spielen in den fünferley Kampfübungen, die unter dem pentathlos begriffen waren, um den Preis stritten; in engerer Bedeutung des Wortes wurden vorzüglich die Pankraziasten, d. i. die Ringer und die Fechter mit dem Kampfhandschuh (cestus) Athleten genannt.

Auletriden, (Flötenspielerinnen) gewöhnlich, wie die Tänzerinnen und Citherspielerinnen, eine Klasse von Hetären, welche bey Gastmählern gedungen wurden, die Gäste mit ihrer Kunst zu unterhalten.

Autochtonen, Menschen, deren Stamm das Land, wo sie wohnen, von jeher inne gehabt, und also gleichsam von selbst, wie die Bäume, aus dem Erdboden hervorgewachsen war. Die Bewohner von Attika wußten sich viel damit, solche Autochtonen zu seyn.

Autoschediast, einer der etwas, wozu gewöhnlich Kunst, Wissenschaft und große Übung erfordert wird, ohne Vorbereitung, aus dem Stegreif (wie wir zu sagen pflegen) oder auch ohne Unterricht, aus bloßem instinktmäßigen innern Antrieb, unternimmt. Sokrates beschuldigt dessen den größten Theil der damahligen Athenischen Feldherren in seiner Unterredung mit dem Sohne des Perikles. (Memorab. III. 5-20.)

B.

Barbar: Die Griechen nannten alle nicht Griechisch redenden Völker Barbaren, ohne auf ihre mehrere oder mindere Kultur und Policierung dabey Rücksicht zu nehmen; wiewohl sie sich auch hierin großer Vorzüge über die übrigen Erdebewohner bewußt waren, und mit einer gewissen Verachtung auf alle Nicht-Griechen herabsahen.

Basileia, (das Königthum, oder die höchste Staatsgewalt, personificiert.) Die Basileia, auf welche Aristipp anspielt, ist nicht die (angeblich historische) Tochter des Uranos und der Titäa, deren alberne Legende Diodorus Sikulus im dritten Buche seiner Universalgeschichte erzählt; sondern die Basileia, die in den Vögeln des Aristofanes, kraft eines zwischen den Vögeln und Göttern geschlossenen Friedens, mit dem Peisthetäros vermählt wird, um ihm die Oberherrschaft über die Welt durch diese Verbindung zu versichern.

Bibliokapelen, hießen um diese Zeit, da der Autoren und der Bücher immer mehr wurden, Leute, welche Profession davon machten, von alten und neuen Büchern immer eine Anzahl schön geschriebener Exemplarien zum Verkauf bereit zu halten, und vermuthlich auch die öffentlichen Märkte mit dieser Waare bezogen, nach welcher, so wie die Litteratur bey den Griechen immer mehr Zuwachs und Ausbreitung bekam, auch die Nachfrage immer stärker ward.


 << zurück weiter >>