Max Eyth
Im Strom unsrer Zeit. Erster Band. Lehrjahre
Max Eyth

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121.

Magnolia, den 23. Februar 1868.

Seit mehr als einem Jahre fühle ich mich zum erstenmal wieder fast wie zu Hause. Das Fremdeln ist natürlich für mich ein überwundener Standpunkt und ein Bett, worin ich drei Minuten gelegen, ist mir so angenehm als mein eignes. Trotzdem bleibt bei dem Leben in Gasthöfen, auch wenn ich monatelang in dem gleichen Hause wohne, immer ein Gefühl des Alleinseins unter Fremden, das keine Behaglichkeit aufkommen läßt. Die stets wechselnden teilnahmlosen Gesichter, das maschinenmäßige Arbeiten der Dienstleute, die eleganten Räumlichkeiten, in denen alles zu finden ist, was man braucht, und auch nicht ein Bindfaden mehr – all das ist mit daran schuld. Hier bin ich endlich wieder einmal in einem Haus, das wie ein Daheim aussieht, mit einem bestimmten Kreis von Pflichten, mit einer kleinen Gruppe von Leuten um mich her und, was das Beste ist, mit einem Horizont, der sich da und dort zu lichten anfängt.

Lawrences Dampfpflug ist seit kurzem in voller Tätigkeit. Das Ergebnis der ersten Woche war in hohem Grad befriedigend. Der Pflug, den ich für Luisiana hatte bauen lassen, übertrifft alle Erwartungen. Es handelt sich jetzt darum, eine Reihe von Geräten ausschließlich für die Zuckerrohrkultur anzufertigen. Den Anfang machte ich vergangene Woche mit der Konstruktion eines sogenannten Ratoonpfluges, den ich soeben für Lawrence in England bestellen durfte. Andre Pläne sind im Werden. Auch ich fühle mich wieder im Werden. Es wächst der Mensch mit seinen größeren Zielen.

Gestern haben wir fünf junge Alligatoren gefangen. Auf den Vater der Familie soll morgen Jagd gemacht werden. Harmlose Erheiterungen dieser Art sind fast alles, was wir in der Stille unsers ländlichen Aufenthalts zur Zerstreuung auftreiben können. Auch verirre ich mich gerne an ruhigen Sonntagnachmittagen in den Swamps, dem feuchten Hinterland der Plantage. Man kann dieses Vergnügen beliebig lang genießen. Trotz des Winters sind die Palmetten, die Moose und die dürren Schlingpflanzen, welche aus den dunkelbraunen Sümpfen herauf über Eichen, Sykomoren, Hickorybäume und Magnolien kriechen, ein Anblick, der ein paar Stunden des Herumirrens wohl aufwiegt.


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