Max Eyth
Im Strom unsrer Zeit. Erster Band. Lehrjahre
Max Eyth

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5.

Steinen, den 19. Dezember 1859.

Vom Feldberg und vom Belchen herunter wirbelt der Schnee und tanzt mir bösartig vor dem Fenster und der Nase herum, eh' er meinen Sonntag zudeckt und meinen Christtag dazu. Heute kamen Eure Weihnachtsbriefe; ich habe damit Kirche gehalten nach meiner Art und geweint mit den Weinenden. Doch ist das nicht eigentlich meine Art und soll's nicht werden. »Gürte mir das Schwert um, laß das Trauern! An drei Kesseln stirbt die Liebe nicht!«

Mit einer Weihnachtsfeier zu Hause ist alles aus. Ich bekomme über die Feiertage vier Kesselschmiede zu überwachen, von denen bereits zwei hier sind, um einen Tag nach ihrer Ankunft krank zu werden. Es ist, als ob alles verhext wäre. Von Berg erhalte ich Briefe, bald mit dem Motto: »Verlieren Sie nur den Mut nicht!« bald mit der Mahnung: »Den Kopf nicht zu verlieren,« – aber stets mit dem Kehrreim: »Bleiben Sie, bis alles in Ordnung ist!«

Und wenn Ihr am Samstagabend zusammensitzt im kleinen Stübchen und das große Zimmer schon ein verschlossenes Kinderparadies ist – wenn man vielleicht die Frage bespricht, ob zum altgewohnten Weihnachtsgesang das Klavier herauskommt, oder Ihr hinein – wenn morgens die Glocken läuten, und die Magd das frühe Einheizen vergißt, und all die gewohnten Ungewöhnlichkeiten angenehm fröstelnd durch Leib und Seele gehen: steh' ich vielleicht hier im öden stillen Maschinenhaus, lasse Nieten warm machen und hauche die Blumen von den Scheiben, wenn ich einen Augenblick Zeit zum Träumen habe. – Ihr müßt darüber nicht traurig sein. Denket an mich, aber vergnügt. Das ist das Leben. Ich wollte es nicht anders, und es ist mir lieb, daß es so ist.

Aber ich muß zu meinen Kesselschmieden zurück. Ich vermute und hoffe, daß ihre Krankheit nichts ist als ein ungeheurer Katzenjammer. Sie waren den Markgräfler noch nicht gewöhnt. Das ist schon wieder ein Trost.

Tausend Grüße! Hängt sie an den Christbaum, wenn ihm die Nadeln abfallen!


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