Max Eyth
Im Strom unsrer Zeit. Erster Band. Lehrjahre
Max Eyth

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89.

Schubra, den 8. April 1866.

Sic transit gloria mundi! Meine ägyptische Laufbahn ist zu Ende. – Ein wenig Geduld! Ich muß Atem holen, um dies zu erzählen.

Die bis jetzt für mich unaufgeklärte Trennung Halims von der Trading-Company und die hiermit eintretende Geldklemme zeigte ihre Folgen zunächst vor vierzehn Tagen, indem ich über hundertfünfzig Leute, Europäer und Araber, zu entlassen hatte. Der Prinz benahm sich hierbei mir gegenüber mit der alten liebenswürdigen Freimütigkeit, und ich tat mein möglichstes, die Neugestaltung der Dinge nach seinem Sinne ins Werk zu setzen.

Aber in den höchsten Regionen, in die mein sterbliches Auge auch jetzt noch nicht zu dringen vermag, brütete das Unheil weiter. Durch finanzielle Winkelzüge, die der Vizekönig leitet, wurde, wie es scheint, Halim-Pascha aufs Äußerste getrieben, und der alte Plan, ihn auszukaufen, tauchte wieder auf. Um etwa die Hälfte der Summe, die Ismael-Pascha im vorigen Jahr für etwa ein Drittel der Güter geboten hatte, übernimmt er nun nahezu alles! Meinem armen Halim bleibt nichts als Schubra, das verzweifelte El Mutana und ein Haufen Geld, um seinen Haufen Schulden zu bezahlen.

Dies alles trug sich im Lauf der letzten Tage zu, ohne daß ich etwas Wesentliches damit zu tun gehabt hätte. Gestern nun schickte der Prinz nach mir. Ich fand ihn in der Mitte jener mir nur zu wohl bekannten Zöllner und Sünder, die ihn seit Wochen umlauern. Er stand auf und nahm mich auf die Seite. Es war eine Szene, die an Napoleon zu Fontainebleau gemahnte. Er fügte, daß ihm nichts mehr bleibe als Schubra, daß er genötigt sei, seine Unternehmungen sämtlich einzustellen oder wenigstens aufs äußerste einzuschränken, daß, so schmerzlich es ihm sei, er unter diesen Umständen mich– –. Es fiel ihm offenbar sauer, der langen Rede kurzen Sinn, den ich natürlich alsbald begriff, in das entscheidende Wort zu fassen. So half ich nach und sagte, daß ich jeden Augenblick bereit sei, meinen neuen Vertrag in seine Hände zu legen.

Dabei und einem stillen Händedruck blieb's. Ich fahnde nun nach einem Techniker, der die verkümmerte Stellung des künftigen Baschmahandis von Schubra übernimmt, bleibe noch drei Wochen, um das neue Pumpwerk in Gang zu bringen, und stürze mich dann wieder frei wie ein Vogel und munter wie ein Fisch in das Meer der wogenden Welt.

Wenn es einmal geschieden sein mußte – trauriger für Halim-Pascha und schöner für mich hätte es nicht kommen können. Machet Euch keinen Kummer um die abgeschlossene Vergangenheit und die ungewisse Zukunft! Mit fliegenden Fahnen und unter dem Donner und Gebrause meiner friedlichen Geschütze werde ich meinen Abzug halten. Und dann auf Wiedersehen!


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