Max Eyth
Im Strom unsrer Zeit. Erster Band. Lehrjahre
Max Eyth

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68.

Schubra, den 31. Dezember 1864.

Auch einmal eine Abwechslung: – Weihnachtsferien! Und zur Nachfeier will ich ein paar Abende dazu benutzen, Euch nach Behagen davon zu erzählen. Nur Bruchstücke, wie ich es ja mit allem halten muß, was ich hier denke, rede oder schaffe.

An der hervorragendsten Ecke, die man passiert, wenn man zu Kairo von dem großen Platze der Esbekiye nach der Hauptstraße, der Muski, einbiegt, steht ein Kneiplein, in welchem ein gewisser Meier deutsches Bier schenkt (zu achtzehn Kreuzer den Schoppen; höre es, Ulm, und preise dich glücklich, München!), das dem sinnigen Deutschen aber dennoch ein Trost ist in der Wüste des Daseins, dem fashionablen Engländer und Franzosen ein Rätsel, dem gläubigen Muselmann ein Stein des Anstoßes und Ärgernisses. Letzteres sogar meinem Esel, wenn er im Geschäftstrab die Muski herunterkommt und sich unversehens, aber regelmäßig, in seiner emsigen Pflichterfüllung gestört findet.

Denn diese gesegnete Ecke ist der Sammelplatz von gewaltigem Wissen, tiefer Gelehrsamkeit, abenteuerlichen Unternehmungen und weltbewegenden Plänen. Die Worte: »Ramses II. – Subjektivität – Numulitenkalk – Menschenwohl« werden daselbst häufiger gehört als an irgendeinem andern Ort des einstigen Reichs der Pharaonen und des künftigen der Baumwolle.

So war es denn an einem Tage der ersten des Dezembers, als ich die verhängnisvolle Ecke wieder einmal zu passieren hatte. Der Druck der Arbeit lag schwer auf mir; denn seit nahezu zwei Jahren hatte ich unausgesetzt an demselben Karren gezogen und dazu meist bergauf oder im Nilschlamm. Es war so weit gekommen, daß ich vorbeigeritten wäre, ohne eine Regung zwischen Herz und Magen zu verspüren; ein böses Zeichen für einen Deutschen! Doch ein müder Seitenblick – ich weiß nicht, war's ich oder der Esel? – entschied mein Schicksal und gab mich der Menschheit wieder. O du treues Langohr, das im kritischen Augenblick von selbst stehen blieb, gibt es denn wirklich noch Esel vom Geschlechte Bileams?

Durch die Glasfenster zeigte sich der berühmte afrikanische Forscher und Reisende v. Heuglin, dem ich einige Tage zuvor vorgestellt worden war. Er war vor einigen Tagen von Chartum gekommen und hatte die Reste der verunglückten Tinneschen Expedition zurückgebracht. Madame Tinne und ihre Kammerjungfer, die beide, wie die Welt weiß, in Chartum gestorben sind, standen mit dem übrigen Gepäck: Vögeln, Steinen und Tieren, noch in Suez, und Heuglin machte soeben die nötigen Vorbereitungen zur Überführung der stummen Karawane nach Kairo.

Ganz um die gleiche Zeit war aus einer andern und bessern Welt, aus dem lieben Schwabenlande, auch Professor Fraas in Ägypten angelangt, um von hier aus die Nilländer geologisch zu durchwühlen, und arbeitete bereits mit unermüdlicher Emsigkeit und einem Hammer, der, wie er glaubt, besser ist als alle andern Hämmer der Welt, in den Eingeweiden des Mokattam. Als einem erfahrenen Techniker des Landes wurde mir die Ehre zuteil, in diesen Hammer einen neuen Stiel machen zu dürfen, aber zu meiner Schande sei es gesagt, daß ich Professor Fraas' Begriffe in betreff eines geologischen Hammerstiels nur unvollkommen zu verwirklichen vermochte.

»Kurz, übermorgen muß ich unfehlbar nach Suez, um unser Gepäck in Empfang zu nehmen!« schloß Heuglin eine längere Auseinandersetzung. »Professor Fraas wird mich jedenfalls begleiten. Wissen Sie was? Gehen Sie auch mit!«

Der letzte Tropfen meines zweiten Glases schoß mir die Luftröhre hinab. Der Gedanke kam vom Himmel und traf mich wie ein Blitzstrahl. Vermutlich machte es der Blutandrang gegen das Gehirn: ich sah in einem magischen Zauberspiegel Ruhe, Leben und Freiheit mit einem Male mir winken. Aber ich war dem Ersticken nahe.

»Trinken Sie noch einen Schoppen!« sagte Heuglin mit der Miene eines wohlwollenden Hausarztes.

Dieser Schoppen und der nächste entschieden die Frage. Als ich am Abend im Schatten der Sykomoren nach Schubra ritt, war der Entschluß gefaßt, lieber die halbe Zukunft Ägyptens in die Luft fliegen zu lassen, als mir noch länger die wohlverdienten Feiertage zu versagen.

Den folgenden Tag darf ich übergehen. Mein böser Dämon richtete natürlich alles erdenkliche Unheil an, um mir die Freude zu vergällen. Schon war mein Gepäck auf dem Weg nach Kairo, als noch zwei Araber herbeistürzten (sie kommen immer zu Zweien, wenn es ein Unglück zu verkünden gibt, um sich gegenseitig als Blitzableiter zu dienen): das Steuerrad eines in Arbeit befindlichen Dampfpflugs sei gebrochen. »Söhne von Hunden,« ermahnte ich sie nach Landessitte, »warum nehmt ihr nicht den zweiten, der im anstoßenden Felde steht?« – Stille. Verlegenes Geflüster. – »Nun, was gibt's?« – »Der zweite ist krumm.« – »Krumm!?« – »Vorige Woche, Du weißt es, o Baschmahandi, hatten wir die Bahnlinie zu überschreiten. Unversehens, o Herr, kam ein Zug und erfaßte das hintere Ende des Pflugs und warf ihn um. Darauf sahen wir, daß er krumm war. Nicht sehr! Beim einzigen Gott, nicht sehr!« – »Warum in Teufels Namen sagt ihr das nicht zur Zeit? Dann wäre der Schaden wieder gutgemacht!« »Ja Salaam!« – im Ton sprachlosen Staunens ob der unerhörten Weisheit des Baschmahandis. –

Ich übernachtete in Shepheards Hotel in Kairo, um vor weiteren Verfolgungen sicher zu sein, und schlief den Schlaf des Spitzbuben, der glücklich seinem Galgen entronnen ist, ein Schlaf, der dem des Gerechten ähnlich sein muß; denn er war süß.

Und jetzt sind wir dank der Eisenbahn in Suez. Von den folgenden acht Tagen aber schneide ich nur einen einzigen heraus; mehr darf ich der allzu willigen Feder nicht erlauben.

Den ganzen ersten Tag, an dem wir die Mosesquelle besuchten, lag der Ataka vor uns. Für mich war der Berg, der sich von Westen her in die Bucht von Suez zu stürzen scheint, von unwiderstehlicher Höhe, für Professor Fraas bezaubernd steinig. Nun befinden sich aber auf den Bergen der Arabischen Wüste nicht wie auf denen der Schweiz Sennhütten und Gasthäuser, auch sind Führer unbekannt; denn es fällt vernünftigen Menschen niemals ein, diese nackte, kahle Gebirgsmasse zu erklettern. Wir beluden uns deshalb frohgemut mit einem kräftigen Frühstück innerlich und einem Abendbrot äußerlich, nahmen zwei Esel mit den dazugehörigen Knäblein und ritten am Saume der Wüste und des Meeres entlang den Bergen zu.

Der Tag war herrlich. Das Rote Meer lag ruhig wie ein Spiegel vor uns, der Boden wimmelte von Muscheln, zum Ärger meines Esels, den ich damit belud, und die blauen Massen der noch beschatteten Berge erhoben sich höher und höher vor uns. Nach anderthalb Stunden waren wir an dem Gerölle angekommen, das den Fuß des Gebirges bildet. Hier ließen wir die Esel zurück, mit der strengen Weisung, zu warten, bis wir herabkämen.

Vor uns lag ein mächtiger Vorberg, schroff und rauh anzusehen, hinter dem sich zur Rechten eine Schlucht öffnete. Sie schien eine Möglichkeit zu bieten, unser Ziel zu erreichen. Da in einer derartigen Landschaft weder Mensch noch Tier, weder Baum noch Strauch einen Maßstab abgeben, so täuschen die Entfernungen ganz erstaunlich. Statt einer halben Stunde, wie ich es geschätzt hatte, brauchten wir anderthalb, um an den Eingang dieser Schlucht zu gelangen.

Das Bett eines trockenen Gebirgsbachs führte uns nun langsam aufwärts und in wunderlichen Windungen in die Eingeweide des Bergs. Nach kurzer Zeit jedoch schloß eine senkrechte Felswand unser Tal, worauf ich zu zeichnen und Fraas eifrig Steine zu klopfen anfing. Letztere Beschäftigung führte meinen Freund den Abhang des Vorbergs hinauf. Das verwitterte, zackige Gestein bot für Hand und Fuß genügend Halt, so daß wir nach einer weiteren Stunde, an dachgähen Hängen emporkletternd, seinen Gipfel erreichten.

Hier jedoch wurde es uns erst klar, was noch zu tun war. Wir hatten kaum ein Drittel des eigentlichen Berges erstiegen. Nach hinten senkte sich der Vorberg etwas hinab, und wir erreichten nun die um eine mächtige Terrasse höhere Fortsetzung unsrer alten Felsschlucht.

Anderthalb Stunden verfolgten wir dieselbe. Berge auf Berge schienen vor uns aufzuwachsen. Manchmal stand zu unsern Füßen ein verkümmerter Kamelsdorn; sonst war alles tot, starr und still. Von den höchsten Höhen herab liefen einzelne Bergzüge mit messerscharfen Kanten, während die dazwischen liegenden Schluchten aus unübersteiglichen Abstürzen gebildet schienen. Die Kante eines dieser Höhenzüge bot eine Möglichkeit, das obere Tafelland zu erreichen. Drei Viertelstunden ging's, meist auf Händen und Füßen, doch immer wesentlich unterstützt durch die Natur des zackigen Gesteins, aufwärts. Rechts und links fielen die Hänge fast senkrecht in die Tiefe, und es kostete nur einen Fußtritt, um mächtige Blöcke »mit Donnergepolter« nach dem einen oder andern Schlunde zu senden.

Endlich war die Höhe erreicht: eine steinige, wellenförmige Ebene, vorderhand ohne Aussicht. Wir gingen wieder ostwärts, und abermals drei Viertelstunden brachten uns an die Kante des Gebirgsstocks.

Im gelben Sonnenlicht, in unabsehbare Ferne sich erstreckend, lagen vor uns die Berge von Syrien und Arabien. Nach rechts erhob sich der Serval, hinter dem die Spitzen des Sinai vorragten; nach links verflachten sich die Berge in die Wüste, die in ihrer unendlichen Ausdehnung, von Wolkenschatten durchzogen, leb- und lautlos vor uns lag. In wunderbarem Gegensatz zu dem Gelb dieses Teils der Landschaft lag landkartenartig unter uns das tiefblaue Rote Meer, das in grünen Lichtern seine Korallen und Untiefen durchschimmern ließ und im Südosten eine kurze, scharfe Horizontallinie zog. Dort unten, bedenklich klein, lag Suez und wie Pünktchen das Dutzend Dampfer in seiner offenen Reede; dort, ein schwarzes Fleckchen, die Oase Ain Musa, die wir gestern besucht hatten. Weiter rechts endlich vier Gebirgszüge, zu Ägypten gehörig, in den zartesten Tinten von Blau in Braun übergehend, bis sie die gewaltigen Felsmassen unsers Ataka berührten.

Und diese Einsamkeit, diese großartige Stille! Dreißig Schritte von uns saß auf einem vom Berge losgelösten Felspfeiler regungslos ein Seeadler. Ein andrer hing schwebend zwischen uns und der Wüste drunten: die einzigen Spuren von Leben in dem ganzen Bilde.

Es wurde halb vier, und die mitgebrachten Erfrischungen waren mehr als willkommen. Die leere Flasche Wein, die jetzt ein hineingezwängter »Schwäbischer Merkur« ausfüllte, wurde monumental zwischen etlichen Felsblöcken aufgestellt. Ohne Skizze konnte ich mich nicht losreißen; dann aber ging's zurück. Es war schon ein Viertel nach vier.

Fraas hatte recht, einen näheren Heimweg zu versuchen; denn die Sonne hatte nur noch eine Stunde bis an den Horizont. Anstatt die drei Viertelstunden auf der Hochebene zurückzugehen, um den Berggrat zu finden, auf dem wir heraufgekommen waren, bogen wir nach kurzer Zeit in einer vielversprechenden Mulde rechts ab. Dieselbe führte uns glücklich an einen senkrechten Absturz von etlichen hundert Fuß, von dessen Rand man einen prächtigen Blick in das etwa 1500 Fuß unter uns liegende Felstal tun konnte, der aber sonst in jeder Beziehung unerwünscht war. Links wieder hinaufklimmend, kamen wir jedoch bald auf einen andern Grat, der abwärts führte, und dem entlang wir unsern Weg fortsetzten.

Die Schwierigkeiten wuchsen. Stellenweise war das Gestein gefährlich verwittert, und das dumpfe Gepolter der nach beiden Seiten in die Tiefe hinabrollenden Steine hatte alles Anziehende verloren. Einmal, als die Schneide, worauf wir öfters in buchstäblichem Sinne ritten, den Einfall bekam, sich kamelsrückenartig aufzubäumen, suchten wir uns seitwärts in horizontaler Richtung um den Höcker herumzuschleichen. Dabei kam ich auf meine Orangen zu sitzen und rettete mich und sie nur mit knapper Not auf den sicheren Grat zurück.

Endlich war eine Art Talsohle erreicht. Zwischen uns und der Ebene lag aber noch immer die gewaltige Felstreppe, die wir am Morgen durch Besteigen des Vorbergs mit nicht wenig Mühe umgangen hatten. Nach kurzer Zeit und bereits in tiefer Dämmerung erreichten wir eine Schlucht, die mit der am Morgen benutzten parallel laufend steil abwärts führte. Zehn Minuten später standen wir am Rande eines Abhangs, der, entsprechend demjenigen in der alten Schlucht, das weitere Vordringen unmöglich machte. Doch war es noch nicht so dunkel, um nicht zu bemerken, daß er bei weitem weniger hoch und daß namentlich, wenn man sich rechts an die Bergwand schmiegte, der Fuß des Absturzes zu erreichen war. Dies gelang denn auch ohne große Schwierigkeit.

»Hurra!« – rief Fraas – »das war die letzte große Felstreppe. Wir sind auf der Sohle der Wüste!« – Das Gefühl sagte mir jedoch, daß wir noch nicht soweit herabgestiegen, als wir am Morgen heraufgekommen waren, was sich zunächst darin kundgab, daß sich die Talsohle eine halbe Stunde lang in Staffeln von etwa vier Fuß Höhe hinabzog. Infolge der Dunkelheit konnten wir jetzt nur noch auf allen Vieren weiterkommen. Fraas war eine gute Strecke voraus. Das Rollen der Steine und die äußerste Aufmerksamkeit, die der Weg erforderte, verboten jede Unterhaltung. Plötzlich, während ich mich über eine Staffel hinabließ, bemerkte ich, daß es vor mir ganz stille geworden war. Die Felsen nahmen zu gleicher Zeit eine eigentümliche, gespenstige Weiße an. Eine Minute brachte mich an die Seite meines Leidensgenossen. Da saß er auf einer hellen, glattgewaschenen Felsplatte. Sie war vielleicht zehn Fuß breit. Rechts und links schossen in schwarzen, senkrechten Massen die Berge empor. Unter der weißen Kante lag's tief – tief – ein schwarzblaues, undurchdringliches Nichts.

Bis hierher und nicht weiter! Ein Stein flog hinab; eins! – zwei! – drei bums! Das macht etwa vierunddreißig Meter senkrechte Höhe. »O Professor,« brach mein Freund in lauter Klage aus, »warum bist du nicht zu Hause geblieben?« Ans Zurückfinden war nicht zu denken. Ein Schritt weiter, und der bleiche Tod grinste uns entgegen. Schwarze, himmelanstrebende Berge zu beiden Seiten, eine schwarze Höllentiefe vor uns und Todesstille rings umher!

Wir legten uns nieder. Was konnten wir anders tun? Die eine meiner zerquetschten Orangen wurde geschält und brüderlich geteilt. Die andre sollte unser Frühstück ausmachen, wenn der Mondschein keine besseren Aussichten eröffnete.

Drei Viertelstunden lang lagen wir in unruhigem Halbschlummer, von dem so viel gastlicheren Hasenberg bei Stuttgart träumend, auf unsrer Platte. Dann zitterten matte Lichter um die Felsen über uns. Der Mond ging auf.

Wir sahen. Die Lage schien fast hoffnungslos. Vor uns blieb's bergetief wie zuvor. Zur Rechten schossen die Felsen empor, daß an kein Erklettern zu denken war. Nur zur Linken war es möglich, die schwarze, schroffe Kante zu erklimmen, die in unbeträchtlicher Höhe den Horizont bildete.

Dort oben war es wieder möglich, zu hoffen. Indem wir uns gegen das Gestein preßten, ging es auf einem fußbreiten Felsband in horizontaler Richtung weiter. Wir sorgten beide immer nur für den nächsten Schritt. Von Zeit zu Zeit anhaltend, mit dem Rücken gegen die Bergwand gestützt, nahm ich mir Zeit, die wilde, mondbeglänzte Landschaft zu betrachten. Die Wüste und das Meer lagen vor uns, die Lichter von Suez, wie Sternchen sichtbar, in weiter Ferne. Etwa hundert Meter unter unsern Füßen begann das Trümmergestein, das sich gegen das Meer hin verflachte. In nächster Nähe starrten uns die wildesten Schatten, die groteskesten Felsformen entgegen, und das sanfte Mondlicht trug nichts dazu bei, die Schrecken des Bildes zu mildern. Der Anblick ließ mich für Augenblicke das Mißliche unsrer Lage völlig vergessen.

Da rief Fraas: »Ich sehe einen Weg!« Er war zehn Schritte hinter mir und schien plötzlich senkrecht hinabzutauchen. Es war der einzige Augenblick, in dem mir wirklich angst wurde. Von meinem Standpunkte aus hatte es den Anschein, als ob er unfehlbar mit dem nächsten Tritt in die Tiefe stürzen müßte. »Um Gottes willen, halten Sie!« rief ich ihm zu. »Es ist dort keine Möglichkeit!« Aber er verschwand. Ich lehnte mich zurück und lauschte. Manchmal polterte ein Stein hinab; dann wurde es wieder stille. Nach einiger Zeit hörte ich eine Stimme unmittelbar unter meinen Füßen: »Kommen Sie, ich bin unten!«

Wie sodann bei einem anderthalbstündigen Marsch über das höllische Geröll meine Stiefel ihre Sohlen verloren, wie Fraas am Strande des Meeres die letzte Orange verzehrte, wie von unsern Eseln keine Spur mehr zu finden war, und wie wir uns zwei Stunden lang durch den Wüstensand nach Suez schleppten und uns auf dem Wege mit Phantasien unterhielten, die sich hauptsächlich um Milchtöpfe, gebrannte Suppen und Würste drehten, wie wir um halb ein Uhr ankamen und zunächst eine Flasche Champagner tranken, auch daselbst erfuhren, daß drei Mann und drei Esel ausgezogen waren, uns zu suchen, die sodann am andern Morgen mit dem Bericht zurückkehrten, daß wir tot seien – all das möchte ich in dem Wort zusammenfassen, das mir Fraas am andern Morgen aus dem Bett zurief, dem er selbst sich erst nachmittags entwand: »Eyth, Sie verdienten ein Geologe zu sein!«


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