Max Eyth
Im Strom unsrer Zeit. Erster Band. Lehrjahre
Max Eyth

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73.

Schubra, den 4. Mai 1865.

Wir haben böse Zeiten. Mit dem Fall von Richmond stürzt das Glück der Leute zusammen, die auf den Sand der ägyptischen Baumwollenglanzperiode gebaut haben. Neben denen, die sich in den letzten Jahren vom Pferdeknecht und Kammerdiener zu Millionären aufgeschwungen hatten und ihren Zusammenbruch nach dem Sprichwort verdienen: »Wie gewonnen, so zerronnen!« werden andre mitgerissen, die allgemeines Bedauern erregen. Nur als Maßstab führe ich an, daß in Alexandrien ein erst drei Jahre altes Haus eine ungedeckte Schuldenlast von 1 100 000 Pfund aufweist! Halim-Pascha, der die Hauptmasse seiner diesjährigen Baumwolle auch noch nicht verkauft hat, macht, wie das ganze übrige Land, ein böses Gesicht. Wie's überhaupt weitergehen soll, weiß niemand.

Auch am politischen Horizont ziehen bedrohliche Wetterwolken hin. In Oberägypten ist, wie man sagt, infolge zu großer Bedrückung der Fellachin ein Aufruhr ausgebrochen. Durch Hängen, Köpfen und Dörfer-dem-Boden-gleich-machen sei es geglückt, die Ruhe wiederherzustellen. Am Hofe zu Konstantinopel intrigiert der Vizekönig gewaltig, um eine Änderung der Erbfolge zugunsten eines seiner eignen Jungen zustande zu bringen. Dieser böse Plan fand jedoch bis jetzt in Frankreich und England entschiedenen Widerstand, so daß er durchfiel. Gegen Ende Mai ist nun Ismael-Pascha nach Konstantinopel berufen, und Halim-Pascha hat die Regentschaft zu übernehmen, ein Wölkchen, das unsre englisch-deutsche Lust- und Geschäftsreise bedroht. Sie wird sich dadurch jedenfalls um einen Monat verschieben. Doch braucht Ihr noch keine Angst zu haben. Dies dürfte erst später nötig sein.


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