Max Eyth
Im Strom unsrer Zeit. Erster Band. Lehrjahre
Max Eyth

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80.

Schubra, den 14. August 1865.

Einen aufregenden Nachmittag habe ich damit zugebracht, Pistolen, Tubusse, Reisetaschen und Reiseflaschen, Patronen und Bussolen, Schuhe und Hüte einzukaufen. Übermorgen liegt Ägypten und Afrika hinter mir.

Doch ist das schöne Ziel nicht das heimatliche Schwaben, sondern Asien, Syrien, der Libanon und zunächst, um endlich zur Sache zu kommen: Beirut.

Halim-Pascha, der eine große Vorliebe für Syrien mitgebracht hat, kam nämlich auf den Plan zurück, die Hafenstadt von Damaskus, das Alexandrien Syriens, das gegenwärtig an dem empfindlichsten Wassermangel leidet, mit Trink- und Waschwasser zu versorgen. Die nötige Konzession erhielt er natürlich leicht, und nun erwartet die hohe Pforte baldigst unsre Mitteilungen über das, was sie konzediert hat.

Es handelt sich zunächst um die Frage, woher das Wasser nehmen und wie nach Beirut bringen? Die Antwort hierauf, die Ausarbeitung von Plänen, Kostenüberschlägen und, wenn nichts dazwischenkommt, die Ausführung der Sache ist mir gestern huldvollst übertragen worden.

Hätte ich je zu träumen gewagt, als ich mir einst die Finger am Schraubstock zerschlug und den Bauernjungen im Feld um seinen blauen Himmel beneidete, wohin mich das noch führen sollte: daß ich mir einen Weg auf den Libanon feilte und eine Straße nach Der-el-kamar, ins Herz des Drusenlandes, meißelte? Die Märchenwelt des Orients lebt noch, und wenn auch die Tage brennend heiß sind und mir skalpweise die Haut abziehen: die Nächte – »tausendundeine Nacht« – sind um so lieblicher. Und sehe ich nicht mit der Morgenröte im dämmernden Osten abermals ein Stück der weiten Welt und ihrer Wunder? Das darf schon mit Schweiß und Blut bezahlt werden.

Es wird mir gut tun an Leib und Seele. Mit Rückert aber – da ich selbst das Dichten, wie früher schon das Philosophieren aufgegeben habe (und es ist mir um beider willen ein gutes wohler) – mit Rückert werde ich übermorgen singen: »Und das Büblein hat sich aufs Wasser gesetzt und hat gesagt: so gefällt mir's jetzt!«


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