Max Eyth
Im Strom unsrer Zeit. Erster Band. Lehrjahre
Max Eyth

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63.

Schubra, den 21. Juli 1864.

Alltägliches, das auch durchlebt sein will!

Die Verhältnisse in Schubra sind derzeit fast possierlich. Mein Vorgänger Hollier, dessen Haus ich in Besitz nehmen soll, weigert sich hartnäckig, den Platz zu räumen, obgleich er nichts mehr zu tun hat. Seine Frau hat das Harem mit Erfolg bearbeitet, Halims Mutter wurde jedoch mit ihrer Fürsprache diesmal zurückgewiesen. Seit einiger Zeit werde ich vom feindlichen Lager mit allen erdenklichen Mitteln der Höflichkeit und Zuvorkommenheit bestürmt, Geduld zu haben, was mich in eine mißliche Lage bringt, da es eine Unmöglichkeit ist, unter solchen Umständen gegen Frauen grob zu sein.

Mein nächster Nachbar, der den Zwillingsbruder meines Hauses bewohnt, ist endlich auch mit Kind und Kegel eingezogen. Es ist der Oberhofgärtner Halims, das Kind eine blühende, erstaunlich entwickelte Schönheit nach englischem Zuschnitt von fünfzehn Sommern; der Kegel ein kleiner Junge von sieben Jahren, den ich mit der Geschichte des Zyklopen in den dritten Himmel erhebe. Bei seinem Schwesterchen komme ich auf der gemeinschaftlichen Zinne unsers Hauses unter dem funkelnden Sternenhimmel des Südens mit Schneewittchen und Dornröschen in englischer Bearbeitung fast ebensoweit. Für die folgenden Jahre habe ich mich in betreff eines etwaigen breach-of-promise-case erkundigt und zu meinem Ärger gefunden, daß man sogar in Ägypten nicht sicher ist.

Die Aussicht auf eine etwas ruhigere Zeit und namentlich auf einen Ausflug nach dem Sinai verschwindet wieder, da ich eine Masse neues Werg an der Kunkel habe: eine Kamelsfutterschneidmaschine, wassergefüllte Walzen zum Schollenbrechen, allerhand Baumwollgeräte. Dazu kommt ein entsetzlicher Mangel an Leuten. Ein Teil wurde vom Vizekönig durch eine unerwartete Konskription entführt, ein andrer zu Dammarbeiten gepreßt; die größere Hälfte ist einfach durchgebrannt, um dieser Szylla und Charybdis zu entgehen.


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