Max Eyth
Im Strom unsrer Zeit. Erster Band. Lehrjahre
Max Eyth

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79.

Schubra, den 20. Juli 1865.

Wahrhaftig, es war eine Schlacht, grausiger als gewöhnlich, ohne Lärm, ohne Pulverdampf, ohne Kanonendonner. Und wie nach einer Schlacht zählen wir jetzt unsre Toten.

Viele Flüchtlinge fangen an, zurückzukehren, um so mehr, als Suez, eines der Hauptquartiere dieser Unglücklichen, jetzt in der besten Totenblüte steht. Aber dem Tode selbst ist jetzt der Stachel fast genommen. Denn wie an alles, gewöhnt sich der Mensch auch an die Cholera.

Sonst wenig Neues. Nach der Aufregung, die fast allen geschäftlichen Verkehr niederschlug, ist eine allgemeine Erschlaffung eingetreten, welche auch mich ergreifen würde, wenn ich Zeit dazu hätte. Halim-Pascha soll in Syrien einen großen Jagdfeldzug unternommen haben. Ich wollte, er käme bald wieder. Er ist einer von den Menschen, die ihre Umgebung frisch und munter erhalten, und das kann man zur Zeit brauchen.

In Ermanglung der Möglichkeit, verschiedene Pläne technischer Natur während seiner Abwesenheit weiter zu verfolgen, habe ich mich darauf gelegt, Arabisch schreiben zu lernen, eine Kunst, die Ihr mir vermutlich schon längst zugetraut habt. Denn der Deutsche fängt sein Dasein mit Tinte an: – »ich schreibe, also bin ich!« – und eine Sprache zu sprechen, ohne sie zu schreiben, ist weit unverzeihlicher als das Umgekehrte. Hier jedoch ist's anders, und ich hoffe bald von Eingeborenen und Fremden mit berechtigtem Staunen betrachtet zu werden. Es ist aber auch ein elend und jämmerlich Ding, dieses Lesen ohne vernünftige Vokale.


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