Max Eyth
Im Strom unsrer Zeit. Erster Band. Lehrjahre
Max Eyth

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114.

Philadelphia, den 16. September 1867.

Die Trauben hängen wieder etwas höher, sauer sind sie noch immer.

Für meinen Versuch auf dem Chesapeakekanal hatte ich schließlich vier Gesellschaften vereinigt und war siegesgewiß. Gray, der Präsident des Chesapeake, hatte versprochen zu tun, was der Raritankanal empfehle, und dieser war der erste, der meinen Vertragsentwurf unterzeichnet hatte. Nun ging ich wieder nach Neuyork und fand die Leute des Morriskanal geneigt, das fünfte Rad an meinem sechsräderigen Karren zu bilden. Der Chesapeake selbst, von dem schließlich das Ganze abhing, sollte nämlich das sechste bilden. Ihr könnt Euch deshalb mein Entsetzen vorstellen, als Gray mir bei meiner Rückkehr nach Philadelphia erklärte, nach reiflicher Überlegung wolle er und sein Kanal nichts mit der Sache zu tun haben. Die Pferde seien ihm gut genug. Er glaube, daß unsre Erfindung vorteilhaft sein könne. Er habe aber keine Veranlassung, sich mit Verbesserungen, namentlich andrer Kanäle, zu befassen. Ich hätte den Mann totschlagen können! Die Arbeit von zwei Monaten war mit einem Schlage vernichtet, eine Arbeit der widerlichsten Art, die ich ausschließlich infolge der Zusage Grays begonnen und glücklich zu Ende geführt hatte. Aber was war zu machen? Ohnedies ist der Mann alt und stirbt vermutlich bald von selbst. An jenem Abend las ich in einem Buch über pennsylvanische Steinkohle, daß ein Oberst Schuhmacher, der mit unendlicher Mühe die erste Wagenladung Kohle aus den Alleghanybergen nach Philadelphia gebracht hatte, schon am folgenden Tage durchgehen mußte. Der Bösewicht sollte festgenommen werden, weil er »schwarze Steine als Brennstoff zu verkaufen suche«. Ich hätte mich kaum gewundert, wenn mir Ähnliches widerfahren wäre. Eines fühlte ich deutlich: mit Erde und Wasser, Stein oder Stahl war ich bereit, mich bis zum letzten Atemzug herumzuschlagen, das Zusammentrommeln von Geld und Leuten jedoch ist nicht mein Geschäft. Auf diese Andeutungen hin kam van Havre aus Washington und de Mesnil aus Neuyork, um mich zu beruhigen. Ehe sie jedoch erschienen, hatte ich bereits wieder einen Faden angesponnen. Ich konnte die Sache nicht ruhen lassen. Der Schuylkillkanal versprach, einen Versuch in seinen Wassern zu unterstützen, wenn ein oder zwei andre Kanäle sich dabei beteiligten. Die Aussichten hierfür sind nun wieder günstig, und nächsten Mittwoch wird eine Versammlung stattfinden, um näheres zu bestimmen. »Noch ist Polen nicht verloren!«

Um mich im Gang zu erhalten, schlagen mir nun de Mesnil und van Havre vor, als förmlicher Teilnehmer an dem Unternehmen mit ihnen zusammenzugehen. Während sie hauptsächlich für das Geld sorgen wollten, hätte ich Arbeit und Gedanken zu liefern, eine Stellung, die mich jedoch nicht verhindern sollte, nebenher zu treiben, was ich für gut fände. Die Sache verdient überlegt zu werden.

Mittlerweile habe ich die Pläne für die belgischen Schleppboote, die auf mehreren neuen Patenten beruhen, nach England geschickt. Wenn das erste Boot gut ausfällt, so erhält Fowler vertragsmäßig die weiteren Bestellungen für Belgien. Das ist wenigstens etwas.


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