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Otto Promber (geb. 1874)

1. Eine Kußgeschichte.

Im Garten stand die kleine Fee,
Ein Sträußchen zu gestalten,
Ich sprang hinzu und habe ihr
Die Augen zugehalten.

»O laß mich gehn,« bat sie mich sehr,
»Gib mir die Freiheit wieder!« –
Ich aber bog mich wohlgemut
Zu einem Kusse nieder.

»Bedenk' doch, wenn's der Vater sieht?
Ich hielt dich für gescheiter!«
Ich aber sprach: »Gedulde dich!«
Und küßte ruhig weiter.

»Horch, Bester, tönten Schritte nicht?
Man will uns gar belauschen!«
Ich aber rief: »Ich höre nur
Im Wind die Bäume rauschen.«

Da bog sie sich geschickt zurück
Und hatte sich entwunden;
Rasch sprang sie dem Gehege zu
Und bald war sie verschwunden.

Ich lief nun keck dem Mädchen nach,
Bis daß ich es gefangen;
Großäugig blickte sie mich an,
Es glühten ihre Wangen.

»O sag',« sprach sie und kräuselte
Den roten Mund in Falten:
Warum hast du mir gar so fest
Die Augen zugehalten?«

»Ach, liebes Gretchen, sei nicht bös«,
Bat ich, indem sie schmollte:
»Ich hielt dir nur die Augen zu,
Weil ich dich küssen wollte!«

Da lachte sie vergnüglich auf
Und hielt mich schon umfangen:
»Du böser, böser Liebster du,
Das wär' – auch so gegangen!«

2. Moderne Kinder.

Du wirst noch der Nagel zu meinem Sarg!
Ruft Vater und kann sich vor Zorn kaum fassen.
Da fragt sein Junge ganz ohne Arg:
Ich denke, du willst dich verbrennen lassen?

3. So ändern sich die Zeiten!

Mit zwölf Jahren pfiff sich der Bu ein Liedel,
Und Nachbars Friedel tanzte dazu;
Zwölf Jahre später da pfiff die Friedel
Und wie sie pfiff, so tanzte der Bu!


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