Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Es saßen zwei beisammen
      
 Im Wirtshaus beim funkelnden Wein,
      
 Und sprachen von diesem und jenem,
      
 Von Mosel und Neckar und Rhein.
Der eine, ein alter Magister,
      
 Im Knopfloch ein Ordensband,
      
 Der andre in luftigem Flause,
      
 Ein sprudelnder, kecker Vagant.
Dozierend sprach der Alte:
      
 »Die Erde ist riesig groß.
      
 Fast 30 Billionen Kubikfuß
      
 Birgt sie in ihrem Schoß.
An neun Millionen Meilen
      
 Hat sie im Flächengeviert,
      
 5000 allein mißt der Gürtel,
      
 Der ihre Taille ziert.
Ich habe alle Meere,
      
 Der Wissenschaft dienend, durchquert,
      
 Hab Infusorien gezüchtet
      
 Und Hydrodynamik gelehrt.
Ich trank aus dem großen Nyanza
      
 Und peilte im Baikalsee,
      
 Vom Ätna und Kilima-Ndscharo
      
 Streift ich den schimmernden Schnee.
Ich saß in den Opiumhöhlen
      
 Zu Nanking und Weiheiwei,
      
 Ich nächtete am Sambesi
      
 Und trank aus der Jennissei.
Ich probte jedes Wasser,
      
 Das meine Wandrung gekreuzt,
      
 Der Wissenschaft Macht zu mehren,
      
 Hat's mich gewaltig gereizt –«
»Ihr probtet jedes Wasser?«
      
 Fiel spöttisch der Junge ein.
      
 »Ich üb' eine andere Lehre!
      
 Ich probe jeden Wein!
Ich kenne jede Kneipe
      
 Im schönen deutschen Land!
      
 Ich saß in dämmernder Laube
      
 An jedem Rebenstrand!
Ich weiß, wo den besten man schenket
      
 Von weißem und rotem Wein!
      
 Ich kenne die größten Gläser
      
 An Mosel und Neckar und Rhein!
Ich kenne die gröbsten Wirte, –
      
 Doch ficht mich das wenig an! –
      
 Es hat oft das wonnigste Weibchen
      
 Der größte Grobian!
Ich kenne die schönsten Mädchen,
      
 Und weiß, wer am heißesten küßt,
      
 Und wer, wenn ich komme, verschwiegen –
      
 Das Kammerschlüßlein vergißt – –«
Da fuhr es dem alten Magister
      
 Wie Zipperlein durch das Gebein –
      
 Nachdenklich griff er zum Becher
      
 Und schaute lange hinein.
Dann sprach er mit saurer Miene:
      
 »So was passierte mir nie!
      
 Fürwahr, ich gestehe, Ihr übet
      
 Die praktischste Geographie!«
Wie schlecht mir die Arbeit heute steht!
      
 Sie hat mir wahrhaftig den Kopf verdreht,
      
 Die Hexe, mit ihrem Nixenlachen
      
 Und ihren heimlichen Siebensachen!
      
 Da ist sie schon wieder! Frech und keck
      
 Schaut sie mir über die Schulter weg,
      
 Und kitzelt mir mit den Löckchen das Ohr
      
 Und guckt aus allen Ritzen hervor!
      
 Zum Kuckuck mit dem tollen Spuk!
      
 Jetzt an die Arbeit! Doch wer schlug 
      
 Mir klatsch! das Tintenfaß da zu
      
 Und lacht mich aus und wirft im Nu
      
 Ihr braun Gelock mir übers Gesicht
      
 Und hüllt mich in prickelndes Dämmerlicht?
      
 Ha! Wie das seidig rinnt und rieselt!
      
 Wies in den Adern mir kreist und krieselt!
      
 Wies raunt und rauscht und glänzt und knistert
      
 Und heimlich mir in die Ohren flüstert – –!
      
 Genug – genug der Höllenflammen!
      
 Alter Hirnkasten, nimm dich zusammen!
      
 Zur Arbeit endlich! Sie muß gelingen,
      
 Befreist du dich erst von solch lockeren Dingen!
      
 Die Feder her – doch – toller Spaß –
      
 Da stand doch noch eben das Tintenfaß!?
      
 Und jetzt – und jetzt? O neue Qual!
      
 Ein Damenfüßchen kokett und schmal!
      
 Ein Lackstiefelchen, so glänzend und klein!
      
 Das sticht mir jach in die Augen hinein!
      
 Und das Papier – daß ichs verstehe! –
      
 Das raschelt wie seidne Unterröcke!
      
 Ich bin betört! Ich bin behext!
      
 Schon hab ich den sechsten Bogen verklext!
      
 Und wieder seh ich das rosige Gesicht,
      
 Und das Stiefelchen, das in die Augen mir sticht,
      
 Und höre das Knistern und höre das Lachen
      
 Und das Frou-Frou der heimlichen Siebensachen – –
      
 Zum Teufel die Arbeit und Feder und Papier!
      
 Fort! Auf zu ihr!
(Aus dem Rheinepos »Trutz-Katz«.)
Ich zog den Rhein hinunter,
      
 Ich zog den Rhein hinauf,
      
 Mir ging manch selig Wunder
      
 An seinen Ufern auf.
      
 Drum fort, verlauster Plunder!
      
 Ich schnür mein Ränzel ein
      
 Und tauche wieder unter
      
 Im Wein, im Wein, im Wein!
Der Büttel und der Scherge
      
 Die han mich arg gezwickt.
      
 Heiho! Jetzt geht's zu Berge,
      
 Die Seele neu geflickt!
      
 Komm her, du blonde Lerche!
      
 Schenk du mir wieder ein!
      
 Ertränke das Gewerge
      
 Im Wein, im Wein, im Wein!
Laß fliegen Sohl' und Kappen!
      
 He, Fiedelmann, spiel auf!
      
 Was schern mich seidene Lappen
      
 Und all der Trödelhauf!
      
 Komm, Kind! Zum offnen Zappen
      
 Tanz ich mit dir hinein
      
 Und schließe dann die Klappen,
      
 Mit Wein, mit Wein, mit Wein!
Und wem das Herz verrostet,
      
 Wer Grünspan hat im Leib,
      
 Wen keifend hält gepfostet
      
 Ein gallengrämlich Weib,
      
 Der ziehe mit, wos mostet
      
 Und wasch das Herz sich rein,
      
 Obs auch den Beutel kostet,
      
 Im Wein, im Wein, im Wein!