Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Heinrich Leuthold (1827-1879)

1. Tanzlied.

Des Goldbauern Hiesel,
Dem ging es recht schlecht,
Er liebte die Liesel,
Die Liesel den Knecht.

Des Goldbauern Hiesel
Hatt' Taler, die echt;
Er gab sie der Liesel,
Sie gab sie dem Knecht.

Des Goldbauern Hiesel
Sagt, daß er sie möcht';
Da lachte die Liesel
Und küßte den Knecht.

Des Goldbauern Hiesel
Hat alles verzecht;
Da ließ ihn die Liesel
Und ging zu dem Knecht.

Des Goldbauern Hiesel
ward dennoch gerächt;
So wie ihn die Liesel,
Verriet sie der Knecht.

2. Trinklied eines fahrenden Landsknechts.

Das Land in hellen Haufen
Durchziehn wir wohlgemut
Mit Balgen und mit Raufen;
Nach beiden schmeckt das Saufen, Saufen, Saufen
Uns noch einmal so gut.
Den Gang zur Kirche lenke
Der Heuchler und der Tor;
Es zieht den Weg zur Schenke
Ein frommer Landsknecht vor ...
Schließt auf, Herr Wirt, die Küche
Und auch das Kellertor!

Viel lieber sind dem Zecher
Als Kelch und als Monstranz
Das Huhn am Spieß, der Becher ...
Drei Würfel sind dem Zecher, Zecher, Zecher
Der wahre Rosenkranz.
Kein Pfaffe macht indessen
Uns mit der Hölle schwer;
Wir lesen selber Messen
Und halten Christenlehr' ...
Herr Wirt, noch eine Kanne,
Noch eine Kanne her!

Sprach Christus nicht zum Reichen:
»Verkaufe, was du hast,
Das sei des Heils ein Zeichen!«
Ich selber denk' desgleichen, gleichen, gleichen:
»Versaufe, was du hast!«
Es kommt des Reichen Seele
Ins Himmelreich so schwer,
Als wie ein Trupp Kamele
Durch einer Nadel Öhr ...
Herr Wirt, noch eine Kanne,
Noch eine Kanne her!

Im Glaubensstreit befehden
Sich jetzt um Alt und Neu
Der Kaiser und die Schweden,
Indes ich selbst mich jeden, jeden, jeden,
Mich jeden Jahrgangs freu',
Wenn andre, treu dem Alten,
In grimmem Lutherhaß
Zur Mutterkirche halten,
Halt ich am Mutterfaß ...
Herr Wirt, noch eine Kanne
Von diesem edlen Naß!

Beneidenswerten Loses
Im wohnlichen Gebiet
Des kühlen Wellenschoßes
Blieb Pharao, als Moses, Moses, Moses,
Aufs Trockene geriet.
Wär' dies Geschick doch meines
Und wär das Rote Meer
Ein Meer voll roten Weines!
Ich söff es tapfer leer ...
Herr Wirt, noch eine Kanne,
Noch eine Kanne her!

Den Glauben muß man schätzen,
Mit dem ein jedes Kind
Selbst Berge kann versetzen ...
Das Wunder muß man schätzen, schätzen, schätzen,
Wenn es Weinberge sind. –
O frommer Wunderglaube,
Laß wachsen mir zur Stund
Die Kananitertraube
Wohl in den durstigen Mund! ...
Wein her, Herr Wirt, die Kanne
Ist leer bis auf den Grund!

3. Zum Engel.

Drei rüstige Burschen, frisch und jung,
Durchzogen wir Dörfchen und Städtchen;
Wir fanden der blühenden Freuden genung,
Viel rosige Frauen und Mädchen.

Viel rosige Fraun und viel kühler Wein,
Das war unser größtes Verlangen;
In manchem Wirtshaus wohl kehrten wir ein,
Hier blieben wir endlich hangen.

Der Engel nicht auf dem Wirtshausschild
Mit seinem Lilienstengel,
Uns hält hier zurück ein lebendiges Bild,
Ein kleiner, gefälliger Engel.

Und Stunde, Tag und Woche verstreicht
In Kosen und Küssen und Scherzen;
Der Vater macht uns die Beutel so leicht,
Die Tochter so schwer die Herzen.

4. Trinklied.

Greift zum Becher und laßt das Schelten!
Die Welt ist blind ...
Sie fragt, was die Menschen gelten,
Nicht, was sie sind.

Uns aber laßt zechen ... und krönen
Mit Laubgewind
Die Stirnen, die noch dem Schönen
Ergeben sind!

Und bei den Posaunenstößen,
Die eitel Wind,
Laßt uns lachen über Größen,
Die keine sind!

5. Ehrenstaffel.

Willst du kommen in die Mode,
Mach dich geltend, sei nicht faul!
Denn öffnest du nicht selbst das Maul,
Die andern schweigen dich zu Tode.

6. Auf Gegenseitigkeit.

Wir leben in einer praktischen Zeit,
Und alles treibt sich gewerblich,
Vermittels Gegenseitigkeit
Wird jeder Lump unsterblich.

Drum wenn du meinem Stern vertraust,
So wollen wir uns vereinen,
Und wenn du meinen Juden haust,
So hau ich dir den deinen.

Wofern du recht emsig darüberstreichst,
So ähnelt dem Golde das Messing;
Und wenn du mich mit Goethe vergleichst,
Vergleich ich dich mit Lessing.


 << zurück weiter >>