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Neidhart der Reuentaler (1217-1230)

1. Der Bauernbursch.

Ein bäurischer Kumpane freit
Um eines Dörfers Muhmen:
»Nun ist zu manchem Spaß die Zeit,
Auf! gehn wir in die Blumen,
Und brechen Rosen uns zum Kranz,
Den wir nun tragen wollen
Im Mai beim frohen Tanz.«
Mezzel, wie gefall ich dir?
Auf dein Wort, das sage mir.

Nun pfeift uns auf, Herr Spielmann, ihr,
Daß Gott euchs müsse lohnen,
Auf reiche Gabe hofft von mir:
Ein Schüsselein voll Bohnen,
Die steht sogleich euch frei:
Wo Ehre gut bezahlt wird,
Da bin ich stets dabei.«
Mezzel, wie gefall ich dir?
Auf dein Wort, das sage mir.

Der pfiff auf dem Holunderholz
Und dem war froh zumute,
Nahm an die Hand Frau Jutten stolz,
Frau Else und Frau Trute.
Den Eisenbuckel er sich band
Aufs Haupt, und Blechhandschuhe
Stülpt er sich auf die Hand.
Mezzel, wie gefall ich dir?
Auf dein Wort, das sage mir.

Sein Schwert, das heißt »der grimme Tod«,
Damit kann er wohl reiten.
Er hat erlitten manche Not
In vielen harten Streiten.
Die kämpft er aus mit freier Hand,
Daß ihrer sechsunddreißig
Hinstürzten auf den Sand.
Mezzel, wie gefall ich dir?
Auf dein Wort, das sage mir.

Die Sporen schnallt er um den Fuß,
Die hingen voller Schellen,
Frau Adelheid bot er den Gruß,
Herrn Schweinhild und Herrn Kellen.
Da tanzten sie den Huppeldei,
Sie sprach: »Mein lieber Künzel,
Mein Trauern ist vorbei.«
Mezzel, wie gefall ich dir?
Auf dein Wort, das sage mir.

Geringelt ist sein Haar und rot,
Bei Nacht wirds wohlgeschnüret –
Die Füße alle leiden Not,
Wo er den Reigen führet
Mit manchem zieren Trippeltritt;
Doch für die schöne Mezzel
Macht er die Mode mit.
Mezzel, wie gefall ich dir? _
Auf dein Wort, das sage mir.

Lang trägt die Haubenschnüre er,
Woran Muskat gebunden –
Fegt er im Bogen sie umher,
So schlägt er ringsum Wunden
Den schönen Mägdlein bei dem Tanz,
Wenn in die Höhe hüpfet
Der plumpe Tölpelhans.
Mezzel, wie gefall ich dir?
Auf dein Wort, das sage mir.

Ich kam gegangen an den Ort,
Wo Jut und Mezzel waren,
Und stellte hintern Zaun mich dort,
Ihr Plaudern zu erfahren.
Die Jute sprach: »Nun sage mir,
Was sitzest du hier, Mezzel?«
Sie sprach: »Ich sag es dir.«
Mezzel, wie gefall ich dir?
Auf dein Wort, das sage mir.

»Muskaten, die dem Künzel drin
In seinen Schnüren liegen,
Die trafen heftig mich vorhin,
Weil so weithin sie fliegen
Um seinen Kragen ringsumher.
Es sind ja Kieselsteine –
So sagt mir Isenber.«
Mezzel, wie gefall ich dir?
Auf dein Wort, das sage mir.

(Z.)

2. Die tanzlustige Alte.

Ein altes Weib begann zu springen
Als spräng ein Kitzlein hoch empor,
Sie wollte Blumen bringen:
»Tochter, reich mir mein Gewand,
Ich muß an des Knappen Hand,
Der von Reuenthal genannt –
Traranuretum traranuriruntundeie!«

O Mutter, hütet eure Sinne,
Er ist ein Knappe schlimmer Art
Und pflegt nicht treuer Minne.
»Tochter, laß mich ohne Not,
Weiß ja, was er mir entbot,
Ich sehne mich nach ihm sonst tot –
Traranuretum traranuriruntundeie!«

Dann rief sie lachend einer Alten:
»Mein traut Gespiel, wohlauf mit mir!
Uns soll sich Lust entfalten!
Laß uns in die Blumen gehn:
Soll ich hier noch länger stehn,
Da soviel Knaben gern mich sehn?

Traranuretum traranuriruntundeie!«

(Z.)


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