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Fritz Reuter (1810-1874)

1. De blinne Schausterjung.

»Ach, Meister! Meister! ach, ich unglückselig Kind!
Wo geiht mi dit? Herr Je, du mein!
Ach, Meister! Ik bün stockenblind,
Ik kann ok nich en Spirken seihn!«
De Meister smitt den Leisten weg,
Hei smitt den Spannreim in de Eck
Un löppt nach sinen Jungen hen;
»Herr Gott doch Jung! Wo is di denn?«
»Ach, Meister! Meister! Kiken S' hir!
Ik seih de Botter up't Brot nich mihr!«
De Meister nimmt dat Butterbrot,
Bekikt dat, nipp von vörn un hin'n:
»So slag doch Gott den Düwel dod
Ik sülwst kann ok kein Botter finn'n.
Na, täuw!« Hei geiht tau de Fru Meistern hen
Und seggt tau ehr: »Wat makst du denn?
Wo is hir Botter up dat Brot?
Dor slag doch Gott den Düwel dod!« –
»Is dat nich gaud für so'n Jungen?
Ii sünd man all so'n Leckertungen;
Ii müggten Hus un Hof verteren,
Un ik sall fingerdick upsmeren.
So geiht dat noch nich los? Prahl sacht!
De Botter gelt en Gröschner acht.«
»Ih, Mutter, ward man nich glik bös,
Hest du denn nich en beten Kes'?«
Un richtig! Sei lett sik bedüden,
Und deiht den Jungen Kes' upsniden,
De Meister bringt dat Botterbrot herin,
Giwwt dat den Jungen hen un fröggt,
Ob sik sin Blindheit nu hadd leggt,
Und ob hei wedder seihen künn.
»Ja, Meister,« seggt de Jung ganz swipp,
»Ja, Meister, ja! Ik seih so nipp,
Als hadd 'k 'ne Brill up mine Näs',
Ik seih dat Brot all dörch den Kes'.«

1. Dat heit ik anführen.

Tau Bramborg wahnt en ollen Jud,
De hadd schir so vel Geld as Meß;
Hei hungerte un döst, indes
Hei ümmer mihr tausamen schrapen ded
Un Stück för Stück up hoge Kant henläd.
De Oll, de hadd dat Eten fast versworen,
Und ümmer kakt dat olle Krut,
Blot üm dat beten Holt tau sporen,
Sin Eten up drei Tag vörut.
Na, einmal hadd hei dicke Arwten
Sik up drei Dag in vörut kakt
Un sik dortau so'n lütten unbedarwten
Un drögen Hiring ut mit Water lakt. –

Na, wenn bi Sommertid de dicken Arwten
Heww'n in 'ne dump'ge Kamer legen,
Un dat drei Dag' hendörch bi Dag un Nacht,
Denn kann nich jeder sei verdrägen.
So vel is wohr: wer't mag, de mag't,
Un wer't nich mag, de mag't jo woll nich mägen.
Ik bin woll hartfratsch, Vaddermann;
Doch mit so'n Arwten stah ik nich mit an. –
Na, as hei nu de Arwten ded probieren,
Denn markt denn ok dat olle Kreatur,
Dat sei nich blot en beten sur;
Ne, dat sei ok all muchlich wirren.
Hei prauwt un prauwt; doch wull't em nich gelingen,
En lütten Happen run tau bringen;
Sei wullen em dörchut nich gliden.
Na, Schaden wull hei ok nich liden,
So gung hei endlich tau en Schapp un nem
Ne Buddel rute mit en Käm
Un schenkte sik en Gläsken in
Un sprak tau sik in sinen Sinn:

»As du ißt de Erbsen, Levi,
As du kriggst en kleinen Kümmel;
As du nicht de Erbsen ißt,
As du nicht den Kümmel kriggst.«
Und somit kratzt hei af den Schimmel,
De äwerall all up de Arwten stunn,
Un frat de suren Arwten run. –
Un höll dorup de Sluk an't Licht
Un makt en fründliches Gesicht
Un lickmünn't säut un grint em tau;
Doch as hei nahdacht hett in Rauh,
Dat bei den Sluck woll sporen künn,
Dunn got hei'n nah de Buddel rin.
»Da hab ich,« seggt dat olle Dirt,
»Den alten Levi angeführt!«

3. Aus: De Reis' nah Belligen.

In't ein Bedd läd sik Witt un Swart tausamen,
Un Korl un Fritz, de sünd in't anner kamen.
Bald lagg nu allens still un slep;
Blot Korl nich, denn die Jung', de dacht
Noch ümmer an den Rock un kröp
Ut't Bedd heruter lis' un sacht
Un treckt sik dunn, der Deuwel hal!
Noch mal den nigen Kledrock an
Un geiht so sachting, as hei kann,
In'n Man'schin ümmer up un dal
Un stunn und gung un ded un kek
Un knöpt un treckt und reckt un strek
Den ollen Rock so stramm un glatt,
As wenn sik putzte Nahwers Katt.

Nu müßt 't taufällig just gescheihn,
Dat Nahwer Swart, deup den Rüggen leg,
Ok mitdewil dat Snorken kreg,
Un dat hei just sik üm müßt dreihn.
Ha, dat was gaud! dat äwer slimm,
Dat hei, as hei sik dreihte üm,
De olle lütte, dwatsche Näs'
In't Uhr von sinen Fründ müßt steken
Un dor in so'n Gesnork utbreken,
As wenn der Deuwel Trumpet blös.
Oll Witt, de fohrt so steidel ok tau Hög
As wenn 't Gewitter in em slög.
Un as de Stuw em nu so frömd,
Un Korlen hei in bloten Hemd,
Blot mit den Kledrock angedahn,
Vör sik süht in den Man'schin stahn,
Dunn schriggt hei ludhals': »Fü'r! Fü'r!
Wo bin ik? Ne! Wat heit dit hir?«
Na, Fritz un Swart denn 'rute ut dat Bedd,
As wenn sei ein' 'rut schaten hett,
Mit 'ne Pistol hadd 'rute schaten,
Un krigen Witten nu tau faten
Un seggen: »Vader!« – »Nahwer Witt!
Wat sall dit sin? Wat heit denn dit?
Legg di doch ruhig wedder hen,
Wi reisen nah Belligen.«
Na, endlich leggt oll Witt sik dal.
»Na, äwerst, Vadder, nu will ik di seggen:
Dat du mich nich,« seggt hei, »nochmal
Dat Stück upführst, will ik mi anners legen,
Mit minen Kopp tau dinen Fäuten;
Der Deuwel kann dat doch nich weiten,
Ob du dat Snorken deihst nich wedder krigen.«
Na, dat is gaud! – De annern stigen
Nu wedder in dat Bedd herin
Un slapen sacht ok wedder in.
Oll Witt slöppt ok, doch hadd hei bi dat Slapen
Sin Mul gewöhnlich sparwid apen,
Un so müßt denn dat just passieren,
Dat Nahwer Swart sik wedder üm müßt kihren
Un mit den groten Tehn, ahn dat hei 't markt,
In't ap'ne Mul em 'rin fuhrwarkt.
Oll Witt, de drömt just von Zigahren,
Un dat sei rechte Luft nich hadden,
Obglik sei rüken wunderschön;
Un süggt un süggt up Swarten sinen Tehn,
Un 't will un will em nich gelingen,
De oll Zigahr in'n Brand tau bringen;
Dat olle Ding, dat kümmt nich in den Draww.
Mit einmal kümmt em dat so vör,
As wenn tau em de Snider säd:
»Ih, biten S' doch en Enning af!«
Un Witt, de bitt.
Wo fohrt oll Swart 'rut ut de Feddern!
Wo schimpt un schellt hei in sin Wut!
Fritz fohrt ok ut dat Bedd herut,
Un Korl fohrt 'rinne in de Leddern.
Un as sei all' tau Bein' nu sünd,
Liggt blot oll Witt unschüllig dor,
As wir hei 'n nigeburen Kind,
Un wunnert sik, wat hir geschüht.
»Wo?« schriggt oll Swart. »Du Rackerwohr!
Wo? Du Carnallj, Du bittst hir Lüd'?
Wo? Du wirst hir doch gliksten wirt,
Dat 'k di eins in de Tähnen gew.
So schulschen is dat olle Dirt,
So heimlich as 'ne Preister-Täw.«
Oll Witt, de säd un ded un swür,
Dat hei doran unschüllig wir;
Hei wir in'n Drom dor so tau kamen,
Hei hadd den Tehn in'n Mund nich namen,
Wenn hei hadd wüßt, wat 't wesen ded,
Hei hadd ok minschliches Gefäuhl.
Un blot, dat hei man dorvon säd,
Kreg hei in'n Liw all so'n Gewäuhl,
As wenn sin Liw sik üm wull kihren.
Un hei wull dat nu twors nich striden,
Dat gistern abend de Zigahr
Em ok sihr slicht bekamen hadd;
Doch dese Ort wir düller noch as dull;
Un wenn hei, Swart, nich anners wull,
Un wull sik dor dörchut för räken,
Denn wull hei, Witt, sik girn dortau verstahn,
Den Tehn in Swarten sinen Mund tau steken:
Denn wir de Sak doch afgedahn. –
Na, dat wull Swart nu wedder nich,
Dorvon wull de nu doch nicks hüren.
Un alltausamen läden s' wedder sik
Un slepen bet so hen tau vieren;
Dunn stegen s' von den Bähn heraffe
Un drünken unnen ehren Kaffe,
Bet Korl Vepupp kamm antauführen,
Un dat süll wider gahn von dannen.


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